Ein Leser inspirierte uns mit einem Kommentar dazu, mal genauer hinzuschauen, ob die neue EU-Verordnung – von der üblichen Bürokratie abgesehen – Apple überhaupt tangiert.
Demnach müssen Hersteller bei Smartphones und Tablets nicht nur angeben, wie lang der Akku hält, wie gut die Geräte gegen Stöße, Wasser und Staub geschützt sind, wie einfach sie zu reparieren sind und wie viele Ladezyklen der Akku verträgt. Auch die geplante Unterstützung mit Software-Updates nach dem Verkaufsende ist Teil des neuen Waschzettels (Gesetzestext).
Apple bleibt konservativ – aber ändern wird sich nicht viel
Die EU fordert mindestens fünf Jahre lang Software-Updates ab dem Tag, an dem der Verkauf endet. Glaubt man der populären Meinung vieler Nutzenden, besonders jener aus der Android-Fraktion, dann könnte das so etwas wie „ein weiterer Angriff“ auf Apple sein. Aber dem ist mitnichten so. Schauen wir uns die Situation einmal genauer an.
iOS 10.3.4 wurde im Juli 2019 veröffentlicht, iOS 12.5.7 im Januar 2023 und iOS 15.8.4 sowie 16.7.11 am 31.03.2025. Dasselbe gilt für die entsprechenden Versionen von iPadOS. Heruntergebrochen auf die Geräte bedeutet das (inkl. Ende des Verkaufs):
- iPhone 5: September 2013, iOS 10.3.4 – fast 6 Jahre
- iPhone 5s: März 2016, iOS 12.5.7 – fast 7 Jahre
- iPhone 6: September 2016, iOS 12.5.7 – 6 Jahre und 4 Monate
- iPhone 6s: September 2018, iOS 15.8.4 – 6 Jahre und 6 Monate
- iPhone 7: September 2019, iOS 15.8.4 – 5 Jahre und 6 Monate
- iPhone 8: April 2020, iOS 16.7.11 – (bislang) 4 Jahre und 11 Monate
- iPhone X: September 2018, iOS 16.7.11 – (bislang) 6 Jahre und 6 Monate
- iPhone XS: September 2019, noch unterstützt – mindestens 5 Jahre und 8 Monate
- iPhone XR: September 2021, noch unterstützt – mindestens 3 Jahre und 8 Monate
Selbst der Ausreißer, das iPhone 8, hat auch ohne den Zwang der EU eine Pflege mit Updates nach Support-Ende von fast fünf Jahren erhalten. Da das letzte Sicherheitsupdate erst ein paar Wochen her ist, besteht zudem die Möglichkeit, dass Apple noch ein weiteres Update nachschiebt und so die fünf Jahre komplettiert. Die anderen Modelle wurden sogar eher sechs als fünf Jahre lang mit Updates versorgt.
Ein ähnliches Bild bei iPads
Da die EU-Richtlinie auch auf iPads zielt, schauen wir uns jene gerne an. Die Formatierung der Liste ist dieselbe und iPadOS-Updates kommen zeitgleich mit iOS, insofern gilt das Datum, siehe oben, auch hierfür.
- iPad (4. Gen): Oktober 2014, iOS 10.3.4 – 4 Jahre und 9 Monate
- iPad (5. Gen): März 2018, iPadOS 16.7.11 – 7 Jahre
- iPad (6. Gen): September 2019, noch unterstützt – mindestens 5 Jahre und 8 Monate
- iPad Air (1. Gen): März 2016, iOS 12.5.7 – fast 7 Jahre
- iPad Air (2. Gen): März 2017, iPadOS 15.8.4 – 8 Jahre
- iPad Air (3. Gen): September 2020, noch unterstützt, mindestens 4 Jahre und 8 Monate
- iPad mini 2: März 2017, iOS 12.5.7 – fast 6 Jahre
- iPad mini 3: September 2015, iOS 12.5.7 – 7 Jahre und 4 Monate
- iPad mini 4: März 2019, iPadOS 15.8.4 – 6 Jahre
- iPad Pro 12.9 (1. Gen): Juni 2017, iPadOS 16.7.11 – 7 Jahre und 9 Monate
- iPad Pro 9.7: Juni 2017, iPadOS 16.7.11 – 7 Jahre und 9 Monate
- iPad Pro 10.5: März 2019, noch unterstützt – mindestens 6 Jahre und 2 Monate
- iPad Pro 12.9 (2. Gen): Oktober 2018, noch unterstützt – mindestens 6 Jahre und 7 Monate
Mit Ausnahme des iPad (4. Generation) unterstützt Apple die Tablets also sogar länger nach Verkaufsende als die iPhones und je nach Modell ist eine Versorgung zumindest mit Sicherheitsupdates von über sieben Jahren keine Seltenheit. In den Energie-Labels gibt das Unternehmen lediglich eine geplante Zeitspanne von fünf Jahren nach Verkaufsende an. Aber wenn man sich in Cupertino treu bleibt, dann ist das nichts, weshalb die Firmenpolitik angepasst werden müsste.
Bonus: Was wäre wenn…?
Aber was wäre, wenn die Europäische Union dieselben Regeln auch Computern – mobil oder stationär – auferlegen würde? In dem Fall müssen wir auf die letzten Updates für macOS schauen. Konkret wären das macOS Catalina 10.15 im August 2022, Big Sur 11 im September 2023, Monterey 12 im Juli 2024 und Ventura 13 im Mai 2025, wobei hier das letzte Wort womöglich noch nicht gesprochen ist.
- MacBook Pro (Retina, 2012): Oktober 2013, Catalina – fast 9 Jahre
- MacBook Air (2012): Juni 2013, Catalina – 9 Jahre
- iMac (Late 2012): September 2013, Catalina – 9 Jahre
- Mac mini (Late 2012): Oktober 2014, Catalina – knapp 8 Jahre
- MacBook Pro (Late 2013): März 2015, Big Sur – 8 Jahre und 6 Monate
- iMac (Late 2014): Oktober 2015, Big Sur – ca. 8 Jahre
- Mac mini (Late 2014): November 2018, Monterey – 5 Jahre und 7 Monate
- MacBook (Retina, 2015): Juni 2017, Monterey – 7 Jahre
- MacBook Pro (2016): Juni 2017, Ventura, mindestens 8 Jahre
Also hält auch der Mac den Vorgaben stand, die die EU den Smartphones und Tablets auferlegt. Hier kratzen die Geräte sogar nicht einmal selten an der Dekade der Nutzung ohne Klimmzüge (OpenCore Legacy Patcher ist ein Tool, das existiert). Da jene Macs jedoch allesamt Intel-basiert sind und entsprechend größtenteils der PC-Architektur entsprechen, ist auch Linux noch eine Option, um lebensverlängernde Maßnahmen einzuleiten. Technisch gesehen würde zwar auch Windows laufen, doch Windows 10 ist ebenfalls in Siebenmeilenstiefeln gen Support-Ende unterwegs – und Windows 11 läuft so ähnlich wie neuere Versionen von macOS: nur mit Überredungskünsten.
Warum ist Apple so großzügig?
Vielleicht stellst du dir die Frage, warum Apple so lange Pflegeintervalle seiner Software hat. Gerade, wo das Unternehmen von Nutzenden aus konkurrierenden Lagern den Ruf hält, dass man sich gefälligst das neueste Gerät anschaffen soll. So viel vorweg: Ganz freiwillig tun sie das nicht und verfolgen durchaus wirtschaftliche Interessen. Aber die sind zur Abwechslung deckungsgleich mit den Interessen der Nutzenden.
Apple möchte nicht notwendigerweise, dass du das „neuste“ iPhone-Modell hast. Apple möchte, dass du „ein“ iPhone hast. Denn Apple sieht selbstverständlich den Verkauf von Hardware als gute Einnahmequelle, aber das Unternehmen hat auch verstanden, dass jedes aktive iPhone potenziell weitere Einnahmen bei seinen Diensten generiert. Vielleicht möchtest du ja Apple Music nutzen, oder die iCloud-Dienste? Oder du kaufst dir eine App? All das lässt die Kasse klingeln. Dazu hält die lange Lebenserwartung den Wiederverkaufswert hoch. So kannst du ein noch junges iPhone zu einem sehr guten Wert weiter verkaufen, wenn du dir doch ein anderes Modell anschaffen willst. Denn der potenzielle Käufer muss nicht so schnell fürchten, dass die Software-Unterstützung eingestellt wird.
Apple hat außerdem verstanden, dass zufriedene Kunden gerne wiederkommen. Keine Beschwerden mit dem iPhone? Vielleicht ist ein iPad dann die nächste Anschaffung. Oder mal ein MacBook, jetzt, wo Microsoft Windows 10 aufs Abstellgleis schiebt. Dann kommt eins zum anderen: Jedes dieser Geräte könnte neben dem eigentlichen Kauf der Hardware noch weitere Gelüste bei Zubehör oder Dienstleistungen wecken. Und wer zufrieden ist, kommt gerne wieder und kauft in ein paar Jahren ein neues iPhone – wofür nach Alternativen schauen?
Schließlich hat Apple durch seine vertikale Integration quasi keine Ausreden, warum der Software-Support vorzeitig eingestellt werden sollte. Sie entwickeln die wichtigsten Chips selbst, genauso wie die Software. Es gibt kein Hin und Her, dass ein Chiphersteller keine Treiber für das neueste Betriebssystem liefert, und „hier“ muss der Netzbetreiber seinen Segen geben, „dort“ muss sich Google kümmern – nein, es kommt alles von Apple und Updates von Apple-Servern. Keine Diskussion, und wenn der Support eingestellt wird, weil die Hardware inzwischen wirklich zu schwach geworden ist, dann ist es einzig und allein die Entscheidung des Herstellers.
Während Apple derzeit große Probleme mit den Wettbewerbsregeln in der EU hat, gehören die verpflichtenden Update-Zeiträume bei aller Liebe nicht dazu. Vielmehr zwingt die EU jetzt anderen Herstellern die Standards aus Cupertino auf.
Diskutiere mit!
Hier kannst du den Artikel "Smartphone-Updates: EU fordert lange Pflege – Apple lässt das kalt" kommentieren. Melde dich einfach mit deinem maclife.de-Account an oder fülle die unten stehenden Felder aus.
Zum Verfassen von Kommentaren bitte mit deinem Mac-Life-Account anmelden.
oder anmelden mit...