Untersuchung eines hartnäckigen Wirtschaftsmodells

Warum ist Spam so erfolgreich?

Hormone, Viagra, Cialis, König Mgambo aus Namibia - Spam hat viele Namen. Wer Ihnen nicht Aphrodisiaka oder "leistungssteigernde" Mittelchen verkaufen möchte, hat einen geheimen Plan, der Millionen an Profit verspricht, wenn Sie "nur wenige tausend Euro auf folgendes Konto überweisen". Glücklicherweise sind die allermeisten Nutzer inzwischen für diese Art aggressiver Werbung sensibilisiert.

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Dennoch geht das Spammen unaufhörlich weiter, auf die eine oder andere Weise muss das Geschäft also doch rentabel sein. Wissenschaftler der Universitäten Berkeley und San Diego in Kalifornien haben die Strukturen des Phänomens Spam genauer beleuchtet. In einem 12-seitigen Aufsatz beschreiben sie ihre Methodologie und die Ergebnisse der Untersuchung. Zunächst infiltrierte das Team das Spam-Botnetz "Storm". Sie manipulierten die Befehle, die durch das Netz liefen um einerseits ihre eigenen, eigens eingerichteten Netz-Apotheken zu bewerben. Außerdem simulierten sie den Versand von Trojanern über die Spam-Infrastruktur. Ziel des Experiments war es, die Umrechnungsrate von verschickten Mails zu erfolgreichen Trojaner-Installationen oder getätigten Bestellungen zu ermitteln. Aus diesem Verhältnis, in Verbindung mit den Versandkosten pro Mail und den Margen beim Verkauf der Produkte lässt sich das Potential der Spam-Industrie zumindest erahnen.

Im Rahmen der Untersuchung verschickten die Forscher über einen Zeitraum von 26 Tagen etwa 470 Millionen E-Mails über Storm. 350 Millionen davon bewarben Produkte der eigenen Online-Apotheke, deren Bestellung wurde zwar registriert, der Käufer aber mit einer Fehlermeldung abgewimmelt. Das Ergebnis: 28 Verkäufe konnten aufgezeichnet werden. Die vermeintlichen Kunden setzten dabei durchschnittlich knapp 100 US-Dollar um und hätten den Wissenschaftlern ganze 2731 US-Dollar Gewinn beschert.

Der Spam-Versand scheint auf den ersten Blick also kein sonderlich lohnendes Geschäft zu sein. Der Bericht gibt jedoch zu bedenken, dass das Experiment selbst nur schätzungsweise 1,5 Prozent des Potentials des Botnetzes nutzen konnte. Rechnet man die möglichen Gewinne also entsprechend hoch, komme man statt auf 100 US-Dollar am Tag auf immerhin 7000. Davon könnte man als passionierter Spammer schon leben, wenn sich nur die "Betriebskosten" niedrig halten ließen. Und hier endet die Erklärbarkeit des Geschäftsmodells. Die grob geschätzten Gesamtkosten pro einer Million versandter Mails belaufen sich nämlich auf 80 US-Dollar. Die testweise versandten 350 Millionen E-Mails hätten also stolze 25000 US-Dollar gekostet.

Das scheint die Spammer selbst aber wenig zu beeindrucken. Auch wenn die Zahlen nahe legen, dass sich eine Erfolgsquote von gerade mal 0,00001 Prozent nicht lohnt, wird fleißig weiter gespammt. Ein Ende der Flut ist nicht in Sicht, die Betreiber müssen also irgendwie schwarze Zahlen schreiben. Das Forscherteam vermutet, dass das gesamte Storm-Netz von den Spammern selbst betrieben wird, also keine Dienstleistungskosten verursacht. Damit seien die einzigen anfallenden Kosten die Arbeitslöhne der Betreiber und die Miete der nötigen Hardware und Server. Ohne zu wissen, unter welchen Gehaltsbedingungen Storm arbeitet, könne man daher keine verlässliche Aussage über die Gewinnmargen machen, so die Wissenschaftler.

Offenbar sind sie aber ausreichend groß, was sich an der schnellen Entwicklung sowie der unzweifelhaften Notwendigkeit von Anti-Spam-Programmen und -Filtern ablesen lässt. So werden wir auch weiterhin jeden Tag haufenweise anzügliche Werbung und vermeintliche Gewinnbenachrichtigungen aus unseren Posteingängen entfernen ohne je zu wissen, wer die armen Teufel sind, die tatsächlich darauf hereinfallen.

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