Etwas, das jeder Künstler haben will?

Das sagen Profis zum iPad Pro

Es ist Apples bislang größtes iPad. Aber kann es die Profis, die damit arbeiten sollen, auch wirklich überzeugen? Wir haben nachgefragt.

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Bereits seit Jahren gab es immer wieder Gerüchte um ein Riesen-Tablet von Apple, das iPad Pro, das sich vor allem an Anwender aus dem Kreativbereich richtet. Während des „Hey Siri“-Apple-Events am 9. September 2015 erblickte das iPad Pro dann tatsächlich das (Scheinwerfer-)Licht der Welt.

Und auch das passende Zubehör liefert Apple gleich mit – natürlich gegen einen Aufpreis. Da wäre der druckempfindliche Stylus, den Apple Pencil (Bleistift) getauft hat und der sich primär an Illustratoren, Grafiker und Designer richtet, für die ein Trackpad oder ein Maus in der Bedienung eigentlich nicht präzise genug ist. Für diesen Stift musste Apple viel Häme einstecken. Hatte Steve Jobs doch bei der Präsentation des ersten iPhone 2007 noch auf der Bühne gestanden und den Journalisten den Satz „If you see a stylus, they blew it“ (etwa: Wenn es einen Eingabestift hat, haben sie‘s vermasselt) über die Konkurrenz in die Blöcke diktiert. Dabei wird natürlich gerne vergessen, dass erstens 2007 nicht 2015 und zweitens ein 12,9 Zoll großes iPad kein 3,5 Zoll großes iPhone ist; aber wer lässt sich schon gerne die Chance auf einen Seitenhieb auf Apple entgehen? Aber was halten eigentlich Menschen, die in diesen Bereichen arbeiten, wirklich von dem übergroßen Tablet? Wird es zu einem „must have“ in der Kreativ-Branche oder wird das erfolgsverwöhnte Unternehmen mit dem iPad Pro scheitern? Wir haben uns das iPad Pro genau angeschaut und Kreativ-Profis gefragt, was sie von dem Gerät halten, das Tim Cook als „the clearest expression of our vision of the future of personal computing“ (etwa: Der eindeutigste Ausdruck unserer Vision von der Zukunft des Computers) bezeichnet.

Der neue A9X-Prozessor macht das iPad Pro zu einem echten Arbeitstier, das mit allen Aufgaben spielend fertig wird.
Der neue A9X-Prozessor macht das iPad Pro zu einem echten Arbeitstier, das mit allen Aufgaben spielend fertig wird. (Bild: Apple)

iPad Pro: Etwas, das jeder Künstler haben will?

Das iPad Pro war wohl eines der am schlechtesten gehüteten Geheimnisse in der jüngeren Apple-Vergangenheit. Eigentlich wussten wir alle, dass es kommen würde und trotzdem hat Apple es einmal mehr geschafft, mit der tatsächlichen Produkt-Ankündigung alle in helle Aufregung zu versetzen. Über den Erfolg des iPad Pro werden aber weder die Medien noch ekstatische Apple-Fans entscheiden, sondern professionelle Anwender. Professionelle Anwender wie Adam Dewhirst, Senior 3D Artist bei The Mill, für den es vor allem um Portabilität geht. Dewhirst ist der Ansicht, dass die Bildschirmauflösung gepaart mit dem Gewicht und der Portabilität die wichtigsten Aspekte seien. „Es hat die richtige Größe für digitale Kunst und es ist unglaublich einfach, es sich einfach zu schnappen und loszulegen – für ein Gerät dieser Größe. Zum Vergleich: Das Wacamom Cintiq Companion ist doppelt so schwer und deutlich unförmiger.“

Der freiberufliche Designer Nikolai Lockertsen stimmt dem zu und geht sogar noch einen Schritt weiter. Für ihn ist der Apple Pencil ein entscheidendes Kaufargument: „Der große Bildschirm mit der hohen Auflösung wird sich fantastisch zum Arbeiten eignen. Ein mit dem und für das iPad Pro entwickelter Stylus sollte fehlerfrei funktionieren. Solche Aussagen haben wir immer wieder von Grafikern und Designern gehört: Praktisch alle sind sich einig, dass es eine gute Entscheidung seitens Apple war, einen eigenen Stylus, passend zum iPad Pro, auf den Markt zu bringen.

Rob Redman, CG Artist bei den Pariah Studios, reiht sich mit seiner Meinung perfekt ein: Apple habe sich eben angepasst. Es sei nichts falsch daran, an seinen Grundsätzen festzuhalten – bis zu einem gewissen Punkt. Aber die Welt verändert sich und „der Markt wird diktieren, was die Nutzer wollen. Jobs war ziemlich gut darin, Dinge vorauszusehen und sogar zu formen, aber es gibt definitiv Platz für einen Eingabestift.“

„Das ist etwas, das Apple-Produkten gefehlt hat“, ergänzt Dewhirst. „Ich glaube, ich bin interessierter am Pencil als am iPad Pro selbst.“

Der Pencil ist der erste Stylus aus dem Hause Apple und Apple will vieles besser machen als die Konkurrenz.
Der Pencil ist der erste Stylus aus dem Hause Apple und Apple will vieles besser machen als die Konkurrenz. (Bild: Apple)

Lockertsen formuliert das etwas eleganter: „Wenn man einen Maler fragt, ob er lieber mit einem Pinsel oder dem Finger malen würde, würde jeder Maler das Werkzeug wählen. Wir wachsen mit Wachsmalstiften und Bleistiften auf. Mit dem Finger zu malen funktioniert, aber es fühlt sich nicht natürlich für uns an. Und Drucksensivität ist etwas, das jeder Künstler haben will.“

Steve Jobs mag kein Fan des Stylus gewesen sein, aber er sprach damals eben auch von Stiften und Geräten, die längst nicht an das Potenzial heutiger Smartphones, Tablets und Eingabegeräte heranreichten. Apples Pencil wird in völlig anderem Kontext und von völlig anderen Anwendern benutzt werden – Anwendern, denen die Idee sehr zu gefallen scheint.

Must-Have-Zubehör für das iPad XXL

Die Frage, die mit dem Lob für das iPad Pro einhergeht, ist einfach: Sollten Künstler sich eins kaufen? Taugt es zum essentiellen Werkzeug oder ist es eher ein überflüssiges Gadget? Das hängt ziemlich stark davon ab, wie man arbeitet. Für Lockertsen ist die Antwort klar: „Ich arbeite in Vollzeit an Konzepten für die Filmindustrie“ und schon jetzt nutzt er primär das iPad zum Arbeiten. „Für mich ist das wie Weihnachten und Geburtstag zusammen“, erklärt er. Als Künstler, der schon jetzt fast ausschließlich mit dem iPad arbeitet, ist Lockertsens Meinung allerdings vermutlich nicht repräsentativ für die Allgemeinheit. Für Adam Dewhirst ist die Entscheidung dann auch schon nicht mehr so eindeutig. „Das ist eine schwierige Frage“, sagt er. „Vielleicht hole ich mir eins“, aber das iPad Pro spiele schon in einer anderen Preisklasse als die bisherigen Geräte. „Das ist ein echtes Investment, besonders, wenn man auch noch den Pencil und das Keyboard haben will – und natürlich will man das!“

Wer schon jetzt den Großteil seiner Arbeit mit dem iPad erledigen kann, der wird das iPad Pro lieben.
Wer schon jetzt den Großteil seiner Arbeit mit dem iPad erledigen kann, der wird das iPad Pro lieben. (Bild: Apple)

Die Profis, mit denen wir gesprochen haben, waren sich auch uneins darüber, ob das iPad Pro ihren Mac ersetzen könnte. Auch das hängt stark davon ab, wie man bislang arbeitet. Lockertsen antwortet auch hier mit einem klaren Ja. „Das iPad hat für mich schon jetzt den Desktop-Computer zu 80 Prozent ersetzt. Die restlichen 20 Prozent meiner Tätigkeit bestehen größtenteils aus dem Schneiden von Filmen. Das iPad Pro soll genau dafür sehr gut geeignet sein, also könnte ich vermutlich komplett zum iPad Pro wechseln.“

Für unsere 3D-Künstler sieht das anders aus. Sie könnten unter keinen Umständen auf ihren Mac verzichten, egal wie leistungsstark das iPad Pro ist. „Auf gar keinen Fall“, sagt Dewhirst. „Verstehen Sie mich nicht falsch, es gibt da draußen schon ein paar 3D-Modelling-Apps, aber die helfen mir nur bedingt weiter und, wenn ich ehrlich bin, sind sie noch ein ganzes Stück von dem entfernt, was ich für meine Arbeit benötige.“ Redman sieht das genau so. Das iPad sei einfach noch nicht so weit, seinen Desktop-Computer zu ersetzen. „Das iPad ist für mich ein Werkzeug für unterwegs. Ich denke nicht, dass ich meine 3D-Arbeiten mobil erledigen werden, aber für Skizzen und Storyboards könnte es perfekt geeignet sein.“

iOS oder Windows

Eine der Hürden, die Apple nehmen muss, ist, den Preis zu rechtfertigen. Während das iPad Pro günstiger als viele Wacom Cintiq-Tablets ist, fehlt ihm aber auch einiges an Flexibilität der Konkurrenten. Cintiq unterstützt Windows, was es wiederum ermöglicht, echte Grafik-Anwendungen wie Adobe Photoshop darauf laufen zu lassen. Auf dem iPad Pro läuft (natürlich) iOS. Entsprechend limitiert ist die Anzahl echter Profi-Anwendungen auf dem Gerät. Das allein dürfte einige potenzielle Käufer abschrecken.

Bei allem Gerede darüber, dass das iPad Pro das Gerät für Künstler und Kreative sei, ist iOS das Problem bei der Sache. Viele Standard-Programme werden schlicht nicht verfügbar sein. Für Dewhirst ist das ein echtes Problem. „Es ist ein nettes Werkzeug für das Arbeiten abseits vom Schreibtisch... aber könnte ich dasselbe damit machen, was ich für gewöhnlich im Büro erledige? Nein.“

„Das Problem ist eher die Software als alles andere,“ fügt er an. Er könne einfach nicht das auf dem iPad Pro erledigen, was er mit sonst mit Anwendungen wie Autodesk Maya könne. Was dieses Problem lösen könnte? Dewhirst ist der Meinung, das Apple das iPad Pro mit OS X ausliefern sollte. „Wenn ich mich nach einem Tablet umschaue und die Wahl zwischen diesem Gerät und einem, sagen wir, Surface oder Cintiq habe, werde ich nicht das iPad wählen. Es kann nicht mithalten [...] – so einfach ist das.“

Das Smart Keyboard muss nicht erst mit dem iPad gekoppelt werden. Einfach anschließen und fertig!
Das Smart Keyboard muss nicht erst mit dem iPad gekoppelt werden. Einfach anschließen und fertig! (Bild: Apple)

Für Redman wiederum ist das kein Problem, weil er das iPad Pro nicht als Ersatz sieht. „Ich habe keine Lust, eine komplette Windows-Maschine mit mir herumzuschleppen. Ich würde mich zu sehr wie im Studio fühlen. [...] Ich mag es, dass iOS-Geräte eher Leichtgewichte sind. Sowohl bezogen auf die Software als auch auf die Hardware.“

Fazit

Die von uns befragten Profis sind sich uneins über das iPad Pro. Angetan sind zwar alle, als Ersatz für bisheriges Arbeitsgerät taugt es allerdings für die wenigsten. Eine Chance geben sollte man dem iPad Pro jedoch.

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Ok, die Jungs haben wohl noch nichts von http://astropad.com gehört? Damit kann man das iPad Pro wie ein Grafiktablet am Mac nutzen und zwar wireless. https://www.youtube.com/watch?v=g8xZedh_hUQ

Es hat also einen deutlichen Mehrwert im Vergleich zum Wacom Cintiq. Möchte jemand mein Wacom Cintiq 21 UX kaufen? ;)

Hättest du tatsächlich ein Cintiq würdest du wissen das das iPad Pro kein Vergleich dazu ist... ;)

Achso? Du kannst gerne vorbeikommen und es dir angucken, wenn Du magst kannst Du es auch gleich kaufen. http://www.ebay-kleinanzeigen.de/s-anzeige/wacom-cintiq-21ux-top-zustand-ovp-inkl-schutzbezug/366435165-225-3489

Die Cintiqs sind schon tolle Werkzeuge, haben aber auch ihre Schwächen, Die sehe ich vor allem im Display selbst und in der Handhabung. Kabelgebunden, schwer und sperrig. Einfach mal lässig auf der Bürocouch zeichnen oder im Kunden-Meeting was skribbeln geht damit halt nicht.

Wobei mein Vergleich etwas hinkt, bezog sich vor allem auf die herkömmliche Cintiq Reihe (insbesondere mein 21 UX). Mit dem Cintiq Companion bietet Wacom ja auch etwas an, was in diese Richtung geht. Hab ich aber noch nicht in der Hand gehabt und ist für mich als Mac User auch nicht interessant. Interessanter Vergleich: https://www.youtube.com/watch?v=JlspvcF-DKs

Ich arbeite seit ca. einem Jahr mit astropad auf dem MacBookPro und iPad4 und seit zwei Wochen mit dem ((iPadPro), hier ist Astropad noch in der Beta Phase), also ich bin sehr zufrieden mit diesen Tools. Hatte vorher das cintinq13 von Wacom absoluter Schrott kann ich dazu nur sagen, die anderen Geräte habe ich nicht weiter ausprobiert. Schaut euch mal die Homepage von Astropan.com an, oder den Link von Roman und entscheidet dann selbst.

Die Frage ist doch die: Wie repräsentativ ist die Umfrage (falls es eine war)? ich persönlich - auch wenn nicht aus dem "Profi-Lager" stammend sondern aus der Bildung - werde mir solch ein Gerät kaufen. der Grund? Der wesentlich größere Bildschirm. Es ist mehr darstellbar, nichts klein oder winzig.
Habe eine iMac 27 Zoll und würde mir nie einen 21,5 zulegen. Große Flächen überzeugen mich. Im Genuss der "Gewaltigkeit", z.B. von Fotos genau so wie im Umfang von Tabellen oder ähnlichem. Die Extra-Features sind da zweitrangig.

Arbeite bei einem größeren Elektro Händler und kann dazu nur sagen das die Geräte dauernd ausverkauft sind. Der Kunden nutzen ist gemischt. Einerseits kauften es ältere Personen, bzw allgemein Kunden, die einfach nen größeres Display nutzen möchten, anderseits wird es auch für geschäftliche Tätigkeiten gekauft. Zumindest in unserer Filiale bei den Kunden die ich hatte kann man von einer 50/50 Mischung reden.

Der wichtigste Satz der mit in diesem "Review" fehlt ist, dass es die gewünschten Profi-Apps "noch" nicht gibt.
Bisher gab es weder für Apple selbst noch andere Softwarefirmen einen Grund wirklich große Apps wie FCPX oder Maya für ein normales iPad zu bringen. Bei solchen Profi Anwendungen kann man faktisch nie genug Bildschirmgröße haben.
Nun, mit dem iPad Pro, sind sowohl Bildschirmgröße als auch Dampf unter der Haube gegeben. Und wenn die Profis das Teil kaufen, dann lohnt es sich auch eine Vollpreis Applikation dafür zu schreiben die dann auch zum Vollpreis gekauft wird.

Immer wieder die müssige Frage, ob das neue iPad Pro den Desktop ersetzt. Umgekehrt stellt sich die Frage doch auch nicht. Ich habe das iPhone 5 Plus, das iPad Pro und den iMac 27". Jedes Gerät hat seine absoluten Stärken, die für mich unabdingbar sind. Auf keines könnte/wollte ich verzichten und genial ist deren Zusammenspiel und Interkonnektivität, Apple sei Dank! Gespannt bin ich eher, ob sich iOS oder OSX durchsetzt, speziell beim iPad. Vermutlich aber werden diese beiden Betriebssysteme noch kompatibler. Ärgerlich ist, dass auf dem iPad der Adobe Flash Player immer noch nicht läuft, auf dem iMac aber ohne Probleme!

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