Der HomePod als Lolli fürs Volk

Kolumne: P(r)od und Spiele

Frank Krug widmet sich in dieser Ausgabe seiner Kolumne dem HomePod und den neuen iPads, die Apple auf der diesjährigen Worldwide Developers Conference im Sommer präsentiert hat. Denn für ihn ist es, als wenn die Mutter dem nörgelnden Kind den bunten Lolli kauft. Auffällig ist, dass sich nach der Präsentation nämlich der Tenor bei der Kritik an Apple deutlich geändert hat.

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Wenn Apple der Welt auf der diesjährigen Entwicklerkonferenz WWDC den HomePod und neue iPads präsentiert, dann ist das ein bisschen wie die Mutter, die dem nörgelnden Kind den bunten Lolli kauft.

Damit der Kleine nachher beim Einkaufen keinen Stress macht. Später geht es nämlich um das, was der Nachwuchs wirklich braucht: Unterwäsche, Socken und eine kratzfreie Strumpfhose. Alles wichtig fürs tägliche Leben, aber bei weitem nicht so spektakulär. Da muss dann schon mal der Lolli vorweg als Beruhigungsmittel her. Aber wenn der HomePod nichts mehr als der Lolli ist, wann geht es dann um die Strumpfhose?

Auf der WWDC sind zwischen all dem HomePod- und High-Sierra-Geschrei die leiseren Zwischentöne nicht zu überhören. Da ist immer wieder die Rede von Core ML, Apples neuem Framework für Entwickler, das mehr Künstliche Intelligenz (KI) direkt aufs Smartphone bringen soll. So unsexy wie das klingt (und so wenig greifbar wie es ist), verbirgt sich dahinter doch die eigentliche, kleine Revolution. Der Lolli für den Entwickler nämlich. Das Smartphone wird endlich smart und macht seinem Namen alle Ehre. Viele, viele bunte Smarties statt einer smarten Wolke.

Die Künstliche Intelligenz wird ausgelagert und direkt auf dem mobilen Endgerät angesiedelt. Zumindest ist dies der Startschuss für Entwickler, Machine-Learning-Prozesse in ihren Apps zu implementieren. Zum Teil ist dies schon längst der Fall. Aber das sind immer noch Ausnahmen. Denn Apple hat sämtliche Aspekte der KI-Forschung bisher eher stiefmütterlich behandelt. So scheint es zumindest. Ob an dieser Vermutung etwas dran ist, wird man sicher nie erfahren. Fest steht auf jeden Fall, dass maschinelles Lernen bisher vornehmlich in der Cloud stattfand. Damit ist jetzt Schluss. Der Campus platzt aus allen Nähten. Außerdem sind die Anfahrtswege ständig verstopft. Fortan soll zu Hause gebüffelt werden. Auch wenn so die Pendlerpauschale wegfällt, verheißt die Aussicht auf ein Fernstudium deutlich mehr Vor- als Nachteile.

Und was die Geheimhaltung betrifft: Jerry Kaplan, der an der Stanford University einen Kurs über die Geschichte Künstlicher Intelligenz gibt, sagte kürzlich in einem Gespräch: „Apple ist die NSA der KI“. Wenn dies der Fall ist, dann haben sie zumindest auf der WWDC offenbart, dass die Whistleblower in den eigenen Reihen stecken und zum richtigen Zeitpunkt in die Pfeife blasen.

All denjenigen, denen das noch zu sehr nach Science-Fiction klingt, sei fürs Erste der HomePod ans Herz gelegt. Der Lolli fürs Volk. Letztendlich übrigens auch nichts anderes als ausgelagerte KI mit einer schönen Schale drumherum. Dass da schon andere Lollis auf dem Markt sind, ist erstmal gar nicht so wichtig. Gemüse kauft man schließlich auch nicht in der Apotheke, sondern beim Fachhändler. Und wenn der nach einer kreativen Auszeit endlich mal wieder selbst frisches Obst in die Auslage packt, werden die Kunden schon in Scharen zurückkommen.

Frank Krug

ist seit vielen Jahren in der Apple-Branche tätig und freier Autor. Er schreibt eine regelmäßige Kolumne für Mac Life.

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