Wie ein Programmierfehler die Pest bekämpft

World of Warcraft nützlich für die Seuchenbekämpfung

Das beliebte Online-Rollenspiel World of Warcraft musste bereits viele eigentümliche Dinge über sich ergehen lassen, von der vermeintlichen Portierung auf das iPhone bis zu regelmäßigen Meldungen über Süchtige.

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Mit mehr als neun Millionen zahlenden Spielern wird die virtuelle Welt nun aber auch für Forscher interessant: Das Spielverhalten soll wichtige Erkenntnisse zur Seuchenbekämpfung liefern. 

Grundlage für diese Idee war ein Programmierfehler vor zwei Jahren, welcher die ungewollt massive Verbreitung einer virtuellen Krankheit namens verseuchtes Blut ermöglichte. Was ursprünglich nur als Hürde für stärkere Spielfiguren gedacht war, gelangte alsbald auch in die Dörfer der schwächeren Charaktere und raffte damals eine beträchtliche Anzahl von ihnen dahin - nur noch das Abschalten und Neuaufsetzen mehrerer Server durch den Betreiber Blizzard konnte Abhilfe schaffen.

Interessant daran ist für die Forscher das Verhalten der Spieler, welches sich - so hoffen sie - stark an dem im wirklichen Leben orientiert. Die zur Bekämpfung von Seuchen wichtige Berechnung der Seuchenausbreitung erfolgte bisher nämlich nur anhand mathematischer Modelle, welche das soziale Verhalten der Menschen nur schwer vorhersagen können.

"Indem wir diese Spiele als unberührte und experimentelle Bezugssysteme nutzen, können wir möglicherweise tiefere Einblicke in die unglaubliche Komplexität der Epidemiologie ansteckender Krankheiten in sozialen Gruppen erlangen", schreiben Nina Fefferman und Eric Lofgren in der Fachzeitschrift The Lancet Infectious Diseases. In ihrem Artikel analysieren die Forscher das Verhalten der Spieler am konkreten Fall der virtuellen Seuche in World of Warcraft und fördern bisher unbeachtete Verhaltensweisen an den Tag. So entdeckte Fefferman etwa den "Dummheits-Faktor", bei dem ein Spieler "nur mal kurz hingeht und einen flüchtigen Blick erhascht" im Glauben, dabei nicht angesteckt zu werden.

Aufgrund solcher Entdeckungen könnten Untersuchungen von Spiele-Szenarien zukünftig vermehrt eingesetzt werden. "Das unbeabsichtigte Auftreten des krankheitsähnlichen Phänomens [in World of Warcraft] lieferte ein exzellentes Beispiel für das Potential solcher Systeme, die Einschränkungen der Modelle [der Seuchenausbreitung] zu vermindern", schreiben die Forscher. Passenderweise macht auch bereits das Gerücht die Runde, dass das zitierte Forscherduo mit WoW-Betreiber Blizzard in Verhandlungen über ein kontrolliertes Forschungsprojekt stehe.

Allerdings müsste man für eine derartige Studie das Spielgeschehen durch das Auslösen einer Epedemie beeinflussen und so gezwungenermaßen auch Opfer fordern - denn nur eine gefährliche Seuche wird von den Spielern auch realitätsnah behandelt. Abseits von virtuell-ethischen Fragen und forschenden Medizinern ist und bleibt World of Warcraft aber immer noch ein Spiel mit eigentümlichem Charakter - und das ist auch gut so.

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