Datums-Unstimmigkeiten:

Heiliger Abend oder Heiliger Morgen?

Den "Heiligen Abend" am 24. Dezember zu feiern, hat bei uns lange Tradition. Doch die alljährliche Bescherung findet längst nicht überall auf der Welt zu dieser Zeit statt: Jenseits des Ozeans wird der Morgen des Folgetages zum Heiligen "Abend". Wer hat also Recht - das gute alte Europa oder die USA? Und woher stammen das Datum, die kerzengeschmückten Tannen und das Wort "Weihnachten" überhaupt?Wurzeln

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Tief verwurzelt ist die Geschichte des reich geschmückten Tannenbaumes in unserer Kultur noch gar nicht so lange - jedenfalls, wenn man den meisten Historikern glaubt. Denn der grüne Baum entpuppt sich in der wissenschaftlichen Diskussion schnell als Stein des Anstoßes: Manche meinen, ihn bis zu den grünen Zweigen zurückverfolgen zu können, mit denen schon die Römer ihre Wohnungen zu Festzeiten schmückten. Andere wiederum halten das Mittelalter für den Geburtsort des Weihnachtsbaumes: Dort gab es tatsächlich vielerorts den Brauch, ganze Bäume zu öffentlichen Anlässen zu schmücken, wie etwa den Mai- oder Richtbaum.

"Roßen" aus Papier

Schon 1494 berichtete Sebastian Brant im "Narrenschiff" von der Sitte, grüne Zweige als Symbol neuen Lebens während der tristen Winterzeit ins Haus zu holen - dereinst genannt "Weihnachtsmaien". Etwa aus dem Jahr 1600 stammen die ersten Aufzeichnungen über einen "Christbaum", der zur Weihnachtszeit mit "Roßen aus Papier geschnitten, Aepfel, Oblaten, Zischgold und Zucker" geschmückt für das nötige Ambiente sorgte. Und gut zehn Jahre darauf soll die erste kerzengeschmückte Tanne in Schlesien den Hof des Schlosses der Herzogin Dorothea Sybille verziert haben. Wie es sich für einen richtigen Baum geziemt, ist also auch der Weihnachtsbaum historisch weit verzweigt ...

Der Tag der Tage

Woher aber kommt die Bezeichnung "Weihnachten" überhaupt? Sprachwissenschaftler haben in Dokumenten aus dem Jahr 1170 den ersten schriftlichen Beleg dieses Wortes ausgemacht und dabei folgenden (hier übersetzten) Satz gefunden: "Die Gnade (Gottes) kam zu uns in dieser Nacht: deshalb heißt diese nunmehr Weih-Nacht." Die "Weihnacht" setzt sich also ursprünglich zusammen aus "wihe" (weich, heilig) und "naht" (Nacht) und ist damit nichts anderes als ein Synonym für die Beschreibung "heilige Nacht". Doch selbst dabei sind sich längst nicht alle Historiker einig: Manche verweisen auf lateinische Wurzeln, die etwa "Nacht der Opfertiere" bedeuten und das Christenfest auf Feiern zu Ehren römischer Gottheiten zurückführen könnten.

Kreativer war da Martin Luther um 1500, der bei "weih" an das Wiegen des Christkinds dachte und deswegen von "Weygenachten" schrieb. Aber auch jenseits der kirchlichen Bedeutungen scheinen besondere Nächte schon länger ihre eigenen Namen getragen zu haben: Nicht umsonst gibt es noch weitere, ganz ähnlich aufgebaute heidnische Bezeichnungen - man denke etwa an die "Fastnacht".

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