Final Cut Express HD

Apples Videoschnittprogramm für die Mittelklasse betritt die hochaufl ösende HD-Bühne und hat diesmal zwei alte Bekannte mitgebracht. Lohnt sich da noch Final Cut Pro?

Von   Uhr

Nachdem nun alle drei Videoschnittpogramme das Kürzel HD tragen, gibt es eine leichte Verwirrung bei den unterstützten Formaten, denn natürlich hat die Industrie nicht nur ein hochaufl ösendes Video-Format erdacht, sondern gleich eine ganze Reihe, schließlich sollen auch die unterschiedlichsten Anforderungen befriedigt werden. Das hauptsächlich für Privatkonsumenten gedachte HD-Format HDV wird denn auch von iMovie HD und

Final Cut Express HD unterstützt, während Final Cut Pro HD hier Nachhilfe in Form von Drittprogrammen braucht, aber dafür professionellere Formate wie DVCPRO HD versteht. Das die Pro-Version dennoch Format-Nachhilfe braucht, weiß auch Apple: zukünftige Versionen werden neben HDV beispielsweise auch das P2- Format von Panasonic unterstützen.

Installation

Schon beim Betrachten der einzelnen CDs fällt der gestiegene Lieferumfang auf, denn zwei Anwendungen, die bisher exklusiv Final Cut Pro beilagen, beehren nun auch die Express-Version: Soundtrack und LiveType. Diese beiden Programme sind identisch mit den Versionen, die der Pro-Version beiliegen. Da diese beidenAnwendungen ohne passende Daten kaum zu gebrauchen wären, versorgen gleich zwei CDs LiveType mit Titeleffekten,

während eine CD Soundtrack mit passenden Loops ausstattet. Wer nicht schon iMovie HD auf der Festplatte hat, bekommt von Final Cut Express auch gleich einen neuen Codec spendiert, der dafür sorgt, dass das HD-Material auch ohne zusätzliche Hardware selbst auf einem Mac mini editierbar bleibt: der Apple Intermediate Codec (AIC). Ähnlich wie iMovie HD kann auch Final Cut keine Daten im HDV-nativen MPEG2TS-Format einlesen, sondern codiert sie beim Importieren von der Kamera in besagten AIC um. Projekte von iMovie HD können problemlos übernommen werden, unabhängig davon, ob dort in DV oder HDV geschnitten wurde. Da „Final Cut Express“-Projekte wiederum mit der Pro-Version geöffnet werden können, liegt der Versuch nahe, dies einmal mit einem HDV-Projekt zu probieren. Tatsächlich klappt dies sogar, aber intern scheinen noch einige Abstimmungen nötig zu sein – so erkennt Final Cut Pro nicht von alleine, dass es sich um Breitbild-Material (16:9) handelt.

Bedienung

Nach dem Programmstart zeigt sich Final Cut Express im Vergleich zur Vorgängerversion nahezu unverändert. Neu ist natürlich die HDV-Unterstützung, hier in Verbindung mit der Sony-Kamera getestet. Ähnlich wie bei iMovie HD wird der ankommende MPEG2-Datenstrom bereits während der Aufnahme in AIC umcodiert. Das ist Rechenzeitaufwändig und sorgt für eine Zeitverzögerung zwischen dem Kamerabild und dem aktuell gezeigten Vorschaubild. Selbst ein Power Mac G5 schafft die Umcodierung nicht in Echtzeit, Final Cut Express zeigt die aktuelle Geschwindigkeit in einer etwas seltsamen deutschen Übersetzung an. Für die Ausgabe auf Band wird wieder von AIC auf MPEG2TS konvertiert.Das dauert etwas länger: Wer ein kleines Kurzfilm projekt von 20 Minuten Länge erstellt hat, darf auf leistungsschwächeren Macs mit stundenlangen Wartezeiten rechnen. Laut der Webseite Macintouch braucht ein Mac mini etwa die 15-fache Zeit der Cliplänge, während ein Dual-G5-Mac mit einer Konvertierungszeit von 6:1 etwas besser dasteht. Mehr Zeit sollte auch beim eigentlichen HDV-Schnitt eingeplant werden, denn das Rendern dauert spürbar länger.

Dabei werden einem Mac mini schon die Grenzen aufgezeigt, aber wer etwas Geduld hat, kann auch mit einem älteren 1 GHz PowerBook hochaufl ösende Videos schneiden. Um das Video auch in ansprechender Qualität zu begutachten, unterstützt Final Cut Express einen Zweitmonitor zur Anzeige des Films.

LiveType

Eine Schwäche aller Apple-Schnittprogramme ist die Betitelung vonVideo-Filmen, die eher unfl exibel erfolgt.

Mit LiveType hat Apple allerdings ein Programm erstellt, welches für beeindruckende Titel sorgt.

LiveType ist eine externe Anwendung, die aber mit Final Cut Express zusammenarbeitet. Grafisch wirkt das Titelprogramm wie eine einfache Version von Final Cut, denn auch in LiveType gibt es eine Zeitleiste.

Die Titel können nun äußerst flexibel eingesetzt werden, mit Optionen wie Schatten, Glühen, Extrudieren oder Kontur.

Auf Wunsch können sogar die einzelnen Buchstaben separat verschoben werden. Glänzen kann LiveType vor allem mit den Effekten. Es gibt dutzende verschiedene Arten, den Titel zu animieren – für jeden Film ist das passende vorhanden. Wem das noch nicht genug ist, der findet unter Objekte diverse animierte Rahmen.

Eine weitere Auswahl bietet etliche Strukturen, Texturen, die sich direkt auf den Titel anwenden oder als Hintergrundbild verwenden lassen. Unter diesen Strukturen gibt es einige Animationen, welche

die Natur nachahmen (Nebelmaschine, Windkanal), geometrische Formen und Weltraum-Themen.

Der endgültige Effekt-Overkill erfolgt mit den LiveFonts. Diese animierten Schriften geben den eigenen Titeln

beispielsweise einen glänzenden Gold- Anstrich, zeichnen den Titel mit sich auflösenden Wolken oder lassen Hände die Buchstaben aus Knetmasse formen. Es werden nicht viele LiveFonts mitgeliefert. Um die Festplatte nicht unnötig mit Datenmaterial zu füllen, wird von den LiveFonts, den Strukturen und Objekten jeweils nur eine Vorschau installiert. Soll der entsprechende Effekt dann wirklich eingesetzt werden, wird dieser einfach nachinstalliert – und das Datenmaterial füllt immerhin zwei DVDs. Selbst wenn man die zum Teil sehr ausgefallenen Effekte nicht einsetzen sollte, ist LiveType eine sehr flexible Anwendung, die sich allerdings nicht

besonders gut für Abspänne eignet.

Soundtrack

Wer selbst filmt, greift zur Untermalung mit Musik gerne auf die eigene CD-Sammlung zurück. Schließlich

verströmt es einen Hauch von Professionalität, wenn Stars wie Heino, Queenoder die Rolling Stones exklusiv für den eigenen Film ihre bekanntesten Hits singen. Solange sich im Bekanntenkreis nicht zufällig ein getarnter GEMA-Vertreter aufhält, ist diese Musikverwertung nicht mit weiteren Kosten verbunden. Bei einer Veröffentlichung im Internet oder einer Vorführung auf einem Filmfestival wird es hingegen heikel, denn dann hält die Verwertungsgesellschaft ihre Hände auf. Im schlimmsten Fall melden sich auch noch die Plattenfi rmen, die mit der nicht genehmigten Verwendung „ihrer“ Songs nicht einverstanden sind. Die Lösung liegt in der Anwendung Soundtrack, die zum Komponieren von Filmmusik geeignet ist. Soundtrack verwendet die von Apple-Anwendungen wie GarageBand bekannten Loops, welche auf eine Zeitleiste platziert werden. So entstehen Rhythmen und Effekte, die, sofern ein Clip oder eine Sequenz vorher für Soundtrack exportiert wurde, optimal auf das Video abgestimmt werden kann.

Dabei unterstützt Final Cut Express mit Tonwertmarkierungen das komponieren, um Orchestrierung, Tempo und Tonart anzupassen. Bei der Installation werden die Loops noch nicht auf die Festplatte kopiert. Diese befi nden sich auf einer eigenen DVD und nehmen bei einer Komplettinstallation 4 GB an. Das unkomplizierte Aneinanderreihen erlaubt es auch musikalisch Unbegabten, eine kalisch stimmige Musik zu basteln. Die Loops, wiederholfähige Audiodateien, werden auch von GarageBand und Logic unterstützt. Etliche Drittanbieter haben bereits Loops-Pakete veröffentlicht, zum Teil mit sehr speziellen Themenbereichen. Außerdem gibt es im Web oder auf der CD unserer Schwester- Zeitschrift beat immer mal wieder frische, kostenlose Loops.

Fazit

Die Einschränkungen von Final Cut Express sind größtenteils geblieben, so fehlt beispielsweise die unter der Pro-Version hochgelobte Dreiweg-Farbkorrektur und Keyframes zur fl exibleren Effektgestaltung lassen sich weiterhin nur auf Bewegungseffekte anwenden. Schließlich fehlen noch die beiden Programme Compressor und Cinema Tools.

Dennoch hat die kleine Express-Versionviel Boden gut gemacht – soviel, dass einige Anwender von Final Cut Pro

etwas ungehalten angesichts der fehlenden HDV-Unterstützung ihres Schnittprogramms waren. Wer sich nicht zwischen Pro und Express entscheiden kann, sollte unbedingt auf Final Cut Pro 5 warten, welches den alten Abstand zwischen den beiden Programmen herstellen sollte.

Matthias Jaap

Testergebnis
ProduktnameFinal Cut Express HD
HerstellerApple
Preisab 289 €
Webseitewww.apple.de
Pro
  • LiveType
Contra
  • Geschwindigkeit verbesserungswürdig
Systemvoraussetzungenkeine
Bewertung
1,9gut

Mehr zu diesen Themen:

Diskutiere mit!

Hier kannst du den Artikel "Final Cut Express HD" kommentieren. Melde dich einfach mit deinem maclife.de-Account an oder fülle die unten stehenden Felder aus.

Die Kommentare für diesen Artikel sind geschlossen.