WWDC 25 Nachlese

Auch iPadOS 26 macht aus dem Tablet keinen Mac (und das ist okay)

Das iPad wird immer wieder mit dem Mac verglichen und schneidet dabei schlecht ab. Apple provoziert diese Vergleiche selbst mit seinem Marketing. Was aber, wenn es vollkommen in Ordnung ist, dass das iPad kein vollwertiger Mac-Ersatz ist? Denn die Neuerungen in iPadOS 26 sind zwar willkommen. Mac-Nutzer mit komplexen Workflows und hohen Anforderungen an ihre Software wird das trotzdem nicht überzeugen. Muss es aber auch nicht. Es gibt auch so genügend Anwendungsfelder für Apples Tablet.

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Um das gleich klarzustellen: Wenn's ums iPad geht, bin ich einerseits Fan. Andererseits habe ich über die Jahre meine Erwartungen und Hoffnungen an dieses Tablet immer weiter reduziert. 

Ich hatte das allererste iPad, das erste iPad mini, das erste iPad Pro und inzwischen benutze ich das iPad Pro mit M1-Chip.

Für das M1-Modell habe ich mir sowohl den Apple Pencil als auch das Magic Keyboard gegönnt. 

Theoretisch ist die iPad-Familie der vielleicht großartigste Computer, den Apple je produziert hat. Es bietet enorm viel Leistung zu einem (für Apple) günstigen Einstiegspreis in einem kompakten und leichten Gehäuse.

Damit nicht genug: Ich kann es bequem in der Hand halten und auf der Couch Inhalte aller Art konsumieren. Dasselbe Geräte kann ich in sein Keyboard-Gehäuse stecken und es mit Tastatur, Touchpad und Maus bedienen. Oder, ganz verrückt, ich stöpsle meinen 32-Zoll Dell-Bildschirm via USB-C dran und habe den Stage Manager im Großformat. Es hat gute Kameras. Es hat einen Touchscreen für Finger- oder Stiftbedienung. Ich kann externe Speichermedien anschließen und und und.

Kein Mac kann mithalten, wenn es um Flexibilität geht.

Und dennoch ist der Mac das größte Problem des iPads. Warum? Weil er existiert.

Das iPad soll zwei Dinge zugleich sein

Seitdem Apple die inzwischen sündhaft teuren iPad Pros eingeführt hat, soll das Gerät zwei Dinge auf einmal sein. Einerseits richtet es sich an Menschen, die es schlicht als Display für Content benutzen und zugleich an Leute, die anspruchsvolle Workflows für ihre Arbeit haben.

Deshalb muss das iPad sowohl simpel als auch leistungsfähig sein.

Mit iPadOS 26 wagt Apple nun eine neue Variante dieses Spagats. So kann das iPad damit unter anderem eine Vielzahl an flexiblen Fenstern anzeigen und bekommt gar eine optionale Menüleiste. Selbst die Fenster-Buttons im Ampellook kommen vom Mac zum iPad.

Dies alles ergänzt den bereits vorhandenen Stage Manager und ersetzt offenbar das frühere Split View und Slide Over (zumindest sind diese in den aktuellen Betas nicht mehr vorhanden).

Auch die Dateien-App bekommt mehr Optionen und Funktionen. Sie wird dem Finder immer ähnlicher.

Mein gescheiterter Versuch mit dem iPad als MacBook-Ersatz

Das alles ist lobenswert. Ich bin mir sicher, dass sich viele Nutzer darüber freuen werden. Ich bin ebenso fest überzeugt, dass die Verbesserungen spannende neue Anwendungsfelder ermöglichen. Ein Beispiel: Das iPad kann nun für längere Zeit Prozesse im Hintergrund laufen lassen. Für viele leistungshungrige Anwendungen ist das ein Muss.

Vielleicht fühlst du bereits das große Aber kommen. Hier ist es: Aber trotz allem wird aus dem Tablet deshalb kein Mac.

Ich selbst habe sehr ernsthaft versucht, mein iPad Pro zu meinem mobilen Computer zu machen. Ich habe neben meinem MacBook Pro inzwischen einen Mac Studio. Ursprünglich dachte ich: Ein Mac auf dem Desktop reicht. Für andere Zwecke sollte doch das iPad Pro passen. Schon habe ich ein Gerät gespart. Das ist nicht nur finanziell ein Gewinn, sondern z.B. auch auf Reisen praktisch.

Aus zwei Gründen funktioniert das für mich persönlich allerdings nicht.

Problem 1: Die Workflows auf Mac und iPad sind zu unterschiedlich

Schon jetzt sehen viele Elemente zwischen iPad und Mac gleich aus. Das neue „Liquid Glass“-Design wird das noch weiter harmonisieren. Aber sie funktionieren unterschiedlich.

Mein Lieblingsbeispiel: Der App-Switcher (Befehl + Tab) zeigt auf dem Mac alle offenen Apps, auf dem iPad aber ist es eine Liste der X zuletzt genutzten. Mit anderen Worten: Beim Mac kann ich mich darauf verlassen, dass ich meine aktiv genutzten Apps hier immer finde. Beim iPad nicht.

Wer wie ich seine Handgriffe am Mac im Halbschlaf ausführen kann, ist davon irritiert. Immer wieder erinnert es mich daran: Ah, richtig, es sieht aus wie ein Mac, aber es funktioniert wie ein iPad.

Ein anderes Beispiel: Wo und wie ich Dateien ablege und Projekte mit verschiedenen Dateiarten verwalte und dann zwischen Apps hin- und herschicke funktioniert jeweils unterschiedlich.

iPadOS und macOS sehen also ähnlich aus, sie kommen beide vom selben Hersteller und sie arbeiten z.B. via iCloud gut zusammen. Das ist alles prima. Aber am Ende des Tages sind es weiterhin zwei unterschiedliche Systeme und ich muss mich sowohl praktisch als auch geistig umstellen, wenn ich zwischen den Geräten wechsle.

Für dich ist das vielleicht überhaupt gar kein Problem. Für mich schon. Sobald ich einfach ein MacBook nutze, ist es zudem sofort weg: Hier funktioniert alles exakt so wie bei meinem Mac Studio. Es ist kein Umdenken erforderlich, keine neue Herangehensweise, keine Tricks und Kniffe.

Problem 2: iPad-Apps können mit ihren Mac-Gegenstücken oft nicht mithalten

Eine weitere Hürde: Ich habe mir über die Jahre bestimmte Software-Lösungen für den Mac angeschafft. Dass ich die Apps dann fürs iPad noch einmal kaufen muss, tut ein bisschen weh, wäre aber akzeptabel. Leider sind die iPad-Versionen aber oft iPhone-Versionen, angepasst an den größeren Bildschirm.

Oftmals gibt es sie aber überhaupt nicht. Man denke nur daran, wie lange selbst Apple brauchte, um die hauseigenen Pro-Applikationen wie FinalCut aufs iPad zu bringen! Wie kann das Unternehmen da erwarten, dass sich Drittanbieter diese Mühe machen?

Vielleicht wird iPadOS 26 hier helfen. Die neue Oberfläche bietet hoffentlich zugleich mehr Optionen, um komplexere Apps sinnvoll umzusetzen.

Aber werden sich die Anbieter um den iPad-Markt scheren? Immerhin gibt es doch bereits den bestens eingeführten Mac, der (aus guten Gründen) die erste Wahl vieler Profis ist, die teures Geld für spezialisierte Software ausgeben.

Das iPad wäre super, wäre da nicht der Mac

Aus diesem Dilemma kommt das iPad nicht so schnell heraus. Gäbe es den Mac nicht, sähe die Welt ganz anders aus. Dann wäre dieses Tablet ein erstaunlich leistungsfähiger und flexibler Computer.

So ist es aber nicht.

Aus meiner Sicht ist das übrigens vollkommen okay. Ich habe mich an diesen Gedanken gewöhnt und für mich festgestellt: Wir brauchen keinen zweiten Mac.

Ja, Apple könnte macOS aufs iPad bringen, zumindest als Option à la Boot Camp für Windows. Es stünde dann vielleicht nur mit Tastatur und Maus zur Verfügung. Der Bildschirm vieler iPads wäre dennoch winzig, gerade für Pro-Apps. Aber es wäre zumindest eine Option.

Ich glaube nicht, dass das passieren wird. Für Apple ist es schließlich okay, dass ich mir sowohl iPad als auch MacBook kaufe …

Alles in allem mag ich das iPad weiterhin sehr. Trotz all seiner Fehler und Probleme als „echtes Pro-Gerät“ ist es noch immer ein ausgezeichnetes Tablet, das im Notfall als Mac-Ersatz herhalten kann.

Zugleich bezweifle ich allerdings, dass ich mir je wieder ein iPad Pro anschaffen werde. Wenn mein aktuelles Gerät in ein paar Jahren einen Nachfolger braucht, wird es vielleicht gar das Basismodell. Denn das reicht für mich.

Zudem bin ich mir sicher, dass es viele Menschen gibt, die allein mit einem iPad als Computer bestens zurechtkommen. Nicht jede Person ist ein professioneller Podcaster, Online-Publisher oder Tech-YouTuber. Man kann „echte Arbeit“ mit einem iPad erledigen, das gilt mit iPadOS 26 noch mehr als bisher schon. 

Der Trick ist vor allem, mit dem Vergleich zum Mac aufzuhören. Wir machen es ja umgekehrt auch nicht: Ansonsten müssten wir ernsthaft darüber sprechen, was für ein abgrundtief schlechtes iPad ein MacBook Pro ist! Die Tastatur ist fest montiert, es gibt keine echte Kamera, keinen Touchscreen und und und.

Oder liege ich da aus deiner Sicht vollkommen daneben?

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Sehe ich größtenteils genauso, allerdings wäre es schon schön, wenn gerade das iPad Pro noch ein bisschen mehr „Pro“ werden würde. Immerhin kostet es teils mehr als ein MacBook Air und kommt an die Einsteiger Macbook Pros preislich fast heran. Ich nutze meinen Mac nur noch selten seit es Davinci Resolve fürs iPad gibt. Also wenn das iPad mit iPadOS 26 noch mehr Mac wird, kommt mir wahrscheinlich bald kein neuer Mac mehr ins Haus. Finde die Entwicklung gut, aber klar, es bleiben zwei unterschiedliche Geräte mit verschiedenen Einsatzbereichen, das muss einem bewusst sein.

schön geschriebener Artikel. vielen dank!
geht mir ebenfalls größtenteils genauso. Ich hatte das erste mini, dann das erste Pro und bin aktuell zufrieden mit meinem M2 Air.
Für mich persönlich gilt: man braucht ein Mac UND ein iPad… ;-)
und dann stellt sich die frage nach dem entweder oder erst gar nicht…

Wenn das iPad ein Mac wäre könnte Apple keine Mac's mehr verkaufen. ;-)
Das selbe Problem gäbe es wenn man wie bei Huawei den Desktop-Modus am iPhone hätte. Das iPhone hinge dann an einen Monitor und ließe sich mit Tastatur und Maus steuern und anstatt eines Mac oder MacBooks verwenden.
Die Hardware-Verkäufe Apples wären im Keller.

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