Xbox-Store und DirectX 11

Microsoft: Apple-Kopien gestern, heute, morgen?

Vorurteile haben einen schlechten Ruf. Doch ohne sie wären Menschen nicht lebensfähig: In jeder Sekunde strömen so viele Sinneseindrücke auf das menschliche Gehirn ein, dass sie unmöglich alle bewusst verarbeitet werden können. Drum wird der Löwenanteil über vorher gefasste Urteile - ein faustgroßer, roter Ball mit Stil wird etwa ein Apfel sein - ausgefiltert. Je mehr sich diese Filter als tauglich erweisen, desto mehr werden sie gefestigt. Ein Problem, mit dem Microsoft schon lange zu kämpfen hat.

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Und das nicht ohne Grund: Denn neben den altbekannten Geschichten von der Einführung einer "neuen" Funktion mit Namen Papierkorb in Windows 95, die Mac-Anwender schon seit 1984 kannten, bis zur iPod-Konkurrenz Zune zeigt sich der Softwaregigant aus Redmond auch in der Gegenwart sehr offen für Ideen, die aus dem kalifornischen Apple-Hauptquartier stammen. So offen, dass man sie gerne übernimmt, mit einem Microsoft-Siegel versieht und damit den Markt zu erobern trachtet.

Neue Kopien?

Jüngstes Beispiel: Ein Online-Store für die Spielekonsole Xbox, der dem Mac-Pendant "App Store" frappierend ähnelt. Nicht nur können Kunden wie beim iPod und iPhone ab Herbst online Applikationen erwerben, auch die Konditionen gleichen denen der Apple-Lösung bis aufs Haar: Entwickler müssen - wie bei Apple - ein 99 US-Dollar kostendes Jahresabo abschließen, um Programme anbieten zu können und von den Einnahmen verbleiben 30 Prozent beim Betreiber - in diesem Falle Microsoft -, der Rest wird ausgeschüttet. Ganz wie bei Apple. "So etwas hat noch nie zuvor jemand gemacht", versichert aber Boyd Multerer, Projektmanager bei Microsoft.

Aber auch in anderen Belangen setzt das Redmonder Unternehmen offenbar vieles daran, seine Konkurrenz auszustechen: Mit OpenCL hatte Apple vor kurzem angekündigt, eine grundlegend geänderte Softwarearchitektur zur schaffen, mit der Entwickler ohne viel Aufwand die Leistung moderner Grafikkarten für beliebige Applikationen nutzen können. Auch das offenbar aus Microsoft-Sicht eine gute Idee: In der nächsten DirectX-Version 11 werde man eine "compute shader technology" bieten, die OpenCL-Leistung auch ohne Apple-Software ermöglichen soll - dies kündigte das Unternehmen vorgestern auf der GamesFest-Konferenz an.

Vor- und Nachteile

Doch neben dem Vorurteil der Microsoft-Inspirationsquelle Apple scheint sich auch ein weiteres zu bewahrheiten: Die Kopie ist jedenfalls nicht besser als das Original. Denn während Kunden bei Apples App Store dank transparenter Preise genau wissen, was sie zahlen, findet der Erwerb bei Microsofts Xbox-Store über "Microsoft Points" statt: 800 Punkte entsprechen 10 US-Dollar. Einkaufen ohne Taschenrechner ist also problematisch. Und auch die neue DirectX-11-Version verspricht Entwicklern zwar technologische Fortschritte, ist aber nicht, wie Apples OpenCL-Vorstoß, für alle Computerplattformen als offener Standard verfügbar.

Womit sich insgesamt zeigt, dass Vorurteile auch in der Computerwelt ihre Berechtigung so schnell nicht verlieren. Jedenfalls dann nicht, wenn sie die Wahrheit widerspiegeln. Gefährlich werden sie erst, wenn man sie nicht mehr in Frage stellt. Doch wer das oft genug tut, wird jedenfalls im Falle Microsofts wohl mit einiger Berechtigung zum Ergebnis kommen: Es bleibt alles beim Alten.

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Zitat:"Jüngstes Beispiel: Ein Online-Store für die Spielekonsole Xbox, der dem Mac-Pendant "App Store" frappierend ähnelt."

Wie lange gibt es den Xbox Store schon? Ca. 3 Jahre? Und den App Store?

Der Xbox Store soll etwas umgestaltet werden, dennoch lassen sich dort seit einigen Jahren vorwiegend Spiele online erwerben.

Und die Ideen zu Direct X11 hat Microsoft auch nicht bei Apple abgeschaut. Beide, Apple und Microsoft haben die Idee dazu bei Nvidia abgeschaut.

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