Datenschützer kündigen Prüfung an

Europa-Start trotz Bedenken: Googles Straßenansicht

Einer der vielleicht umstrittensten Google-Dienste ist nun auch in Europa angekommen: Google Street View. Street View ist eine Erweiterung für Google Maps, welche erstmals einen Blick aus der Normalperspektive auf die Umgebung erlaubt. Der Vorteil dieser Perspektive ist, dass sich die Seitenansichten von Gebäuden betrachten lassen - so fällt die Navigation später leichter.

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Natürlich lässt sich Street View auch ohne Navigationsabsichten nutzen und wer sich im Vorfeld der Macworld schon einmal durch San Francisco klicken möchte, kann dies Straße für Straße tun und sich an den Fotosymbolen entlanghangeln.

Für die Erstellung der Bilder benutzt Google speziell ausgestattete Autos, auf denen Spezialkameras montiert sind, die ein 360-Grad-Panorama aufnehmen. Durch Ziehen mit der Maus ist es später im Web möglich, den Bildausschnitt nach links oder rechts zu verschieben. Auf diese Weise wurden bisher 40 US-Großstädte erfasst, aber dem Firmenziel, möglichst alle Informationen der Welt per Suche zu erschließen, folgend, sollen irgendwann europäische Städte flächendeckend fotografiert werden - sofern es die technischen Möglichkeiten und die Rechtslage erlaubt.

Denn wie der Dienst mit dem Datenschutz vereinbart ist, ist umstritten: Google selbst gibt an, die Rechtslage vorher geprüft und erst dann die Wagen losgeschickt zu haben. Die Software würde jeweils den landesspezifischen Regeln angepasst werden.

Die Bedenken sind aber vielfältig: In den US-Fotos sind beispielsweise Menschen deutlich zu erkennen, die sich teilweise auf ihrem eigenen Grundstück befinden. Thomas DiNapoli, der oberste Rechnungsprüfer im Bundesstaat New York, sah im letzten Jahr in Street View und dem Konkurrenzprodukt von Microsoft sogar eine mögliche Informationsquelle, die Kriminelle bei der Planung ihrer Verbrechen nutzen konnten.

Ansonsten versuchen einige Nutzer des Dienstes aber auch, witzige oder besonders auffällige Aufnahmen zu finden und auf Webseiten zu veröffentlichen, vom Polizisten, der gerade dabei ist einen Strafzettel zu verteilen, bis in zum Mann, der in die Ecke pinkelt.

In Europa überwiegen aber eher die Bedenken an der Ablichtung von Privatpersonen und Autos. Daher will Google Gesichter und Autokennzeichen automatisch verschwommen darstellen lassen, aber wie jede Technik arbeitet auch diese nicht perfekt: Wenn ein Gesicht durch die Erkennung durchschlüpft, verspricht Google das Bild manuell weichzuzeichnen, wenn eine entsprechende Anfrage kommt.

Der EU-Datenschutzbeauftragte Peter Hustinx will Google Street View sorgfältig prüfen. Bisher wurden die Google-Wagen in Berlin, Frankfurt und London gesichtet - die Termine werden von Google nicht bekannt gegeben, um zu verhindern, dass sich Leute bewusst auf den Bildern verewigen. Als Begleitung zur derzeit laufenden Tour de France hat Google den Streckenverlauf fotografiert: Frankreich-Rundreise per Mausklick.

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"Wenn ein Gesicht durch die Erkennung durchschlüpft, verspricht Google das Bild manuell weichzuzeichnen, wenn eine entsprechende Anfrage kommt."

Mit unserem (mittel-)europäischen Verständnis von Privatsphäre ist es schlicht nicht vereinbar, wenn Gesichter von Menschen oder andere persönlich zuordenbare Details wie Auto-Kennzeichen weltweit und ohne jegliche Zugangsbeschränkung öffentlich verfügbar gemacht werden.

Dass Google auf die Möglichkeit hinweist, man könne Gesichter, die nicht automatisch bearbeitet wurden, "auf Anfrage" unkenntlich machen, ist kein akzeptabler "Workaround", sondern ein weitere Beweis dafür, dass der Leitspruch "Don't be evil" längst zur nichtssagenden und unverbindlichen Floskel verkommen ist, sobald dessen Befolgung die Geschäftsinteressen von Google beeinträchtigt. Die Zensur der chinesischen Google-Website spricht diesbezüglich Bände (einfach mal auf http://images.google.cn/ nach "tiananmen" suchen).

Konsequent wäre, wenn Google solange keine europäischen Städte für StreetView erfasst, bis sie sichergestellt haben, dass alle -- oder zumindest der absolut überwiegende Teil der -- problematischen Photo-Inhalte wie eben Gesichter etc. unkenntlich gemacht werden.

Wirklich komisch an der Sache ist nur, dass sich die Aufregung über dieses Thema stark in Grenzen hält. Bei der Volkszählung von '87 war etwas mehr los...

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