Apple unter Druck

Apple kämpft gegen neue britische iCloud-Anordnung und wackelige Sammelklage-Finanzierung

Das britische Innenministerium will erneut Zugang zu verschlüsselten iCloud-Backups. Gleichzeitig zweifelt Apple an der Finanzierung einer milliardenschweren Sammelklage.

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Apple steht in Großbritannien erneut unter Druck: Das britische Innenministerium hat im September eine neue Anordnung erlassen, die das Unternehmen dazu zwingen soll, Zugang zu verschlüsselten iCloud-Backups britischer Nutzerinnen und Nutzer zu gewähren. Diese Entwicklung wirft Fragen über die Finanzierung einer parallel laufenden Sammelklage auf und zeigt, wie komplex Apples rechtliche Auseinandersetzungen im Vereinigten Königreich geworden sind.

Quickread: Auf einen Blick
  • Großbritannien fordert im September erneut Zugang zu verschlüsselten iCloud-Backups britischer Nutzer.
  • Apple stellt die Finanzierung einer 4-Milliarden-Dollar-Sammelklage wegen kollabiertem Geldgeber in Frage.
  • Das Unternehmen hatte bereits im Februar seine Advanced Data Protection-Funktion aus dem UK zurückgezogen.

Neue Anordnung fokussiert auf britische Nutzerinnen und Nutzer

Die aktuelle Forderung der britischen Regierung unterscheidet sich von der vorherigen Anordnung aus dem Januar, die weltweiten Zugang zu verschlüsselten Nutzerdaten verlangte. Diesmal konzentriert sich das Home Office ausschließlich auf iCloud-Backups britischer Staatsbürgerinnen und Staatsbürger. Die Behörde argumentiert, dass dieser Zugang für Ermittlungen zu Terrorismus und Kindesmissbrauch notwendig sei.

Apple hatte seine Advanced Data Protection-Funktion bereits im Februar aus dem Vereinigten Königreich zurückgezogen, nachdem die erste geheime Anordnung bekannt wurde. Das Unternehmen betonte in einer aktuellen Stellungnahme: „Wir sind zutiefst enttäuscht, dass die Schutzmaßnahmen von ADP unseren Kunden im Vereinigten Königreich angesichts der anhaltenden Zunahme von Datenschutzverletzungen und anderen Bedrohungen der Privatsphäre nicht zur Verfügung stehen.“

Advanced Data Protection erklärt!

Advanced Data Protection ist eine Sicherheitsfunktion von Apple, die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung für fast alle iCloud-Daten bietet. Das bedeutet, dass nur die Nutzerinnen und Nutzer selbst auf ihre Fotos, Notizen, Backups und andere Daten zugreifen können – nicht einmal Apple hat Zugang. Die Funktion wurde entwickelt, um die Privatsphäre zu stärken und sensible Daten vor unbefugtem Zugriff zu schützen.

Finanzierungsprobleme bei iCloud-Sammelklage

Parallel zu den Verschlüsselungsstreitigkeiten kämpft Apple vor dem Competition Appeal Tribunal gegen eine vier Milliarden US-Dollar schwere Sammelklage. Die Verbraucherorganisation Which wirft dem Unternehren vor, Nutzerinnen und Nutzer durch seine iCloud-Speicherpraktiken in den Service einzusperren und überhöhte Preise zu verlangen.

Apple stellte während der Verhandlung die Finanzierung der Klage in Frage. Der Rechtsprozess wird von Litigation Capital Management (LCM) finanziert, einem Unternehmen, das kürzlich einen dramatischen finanziellen Absturz erlebte. LCM verlor 99 Prozent seines Aktienwerts seit November 2024 und ist nur noch etwa 16 Millionen US-Dollar wert. Apple argumentiert, dass dieser Kollaps Zweifel daran aufkommen lässt, ob LCM die Klage noch unterstützen kann.

Das Unternehmen warnt vor erheblichen Risiken, falls es später Berufung einlegen darf oder die Finanzierung von Which zurückgezogen wird. In diesem Fall könnte Apple möglicherweise seine Anwaltskosten nicht zurückfordern, da LCM diese eventuell nicht bezahlen kann.

Internationale Spannungen um Verschlüsselung

Die Verschlüsselungsforderungen der britischen Regierung haben zu diplomatischen Spannungen mit den USA geführt. Im August verkündete die US-Direktorin für nationale Sicherheit, Tulsi Gabbard, dass das Vereinigte Königreich seine Forderungen nach Zugang zu verschlüsselten Daten amerikanischer Bürgerinnen und Bürger zurückgezogen habe. Die neuen Berichte zeigen jedoch, dass die britische Regierung ihre Bemühungen lediglich neu fokussiert hat.

Die Situation bleibt kompliziert, da unklar ist, ob die Trump-Administration ihre Haltung zu diesem Thema gelockert hat. Zwei hochrangige britische Regierungsvertreter erklärten gegenüber der Financial Times, dass das Vereinigte Königreich nicht länger unter US-Druck stehe, seine Forderungen fallen zu lassen.

Technische Herausforderungen und Sicherheitsbedenken

Apple argumentiert weiterhin, dass die Schaffung von Hintertüren die Sicherheit aller Nutzerinnen und Nutzer weltweit gefährden würde. Das Unternehmen betont, dass es „niemals eine Hintertür oder einen Master-Schlüssel für eines unserer Produkte oder Dienstleistungen gebaut hat und dies auch nie tun wird“.

Privacy International, eine gemeinnützige Datenschutzorganisation, warnt: „Wenn Apple die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung für das Vereinigte Königreich bricht, bricht es sie für alle.“ Die resultierende Schwachstelle könne von feindlichen Staaten, Kriminellen und anderen böswilligen Akteuren weltweit ausgenutzt werden.

Die Investigatory Powers Tribunal wird Apples rechtliche Anfechtung Anfang des kommenden Jahres in einer öffentlichen Verhandlung anhören. Das Gericht hat zugestimmt, auf der Grundlage „angenommener Fakten“ zu verfahren, um zu vermeiden, dass die Beteiligten gegen das Official Secrets Act verstoßen.

Breitere Auswirkungen auf die Technologiebranche

Der Fall hat Unterstützung von anderen Technologieunternehmen erhalten. WhatsApp kündigte an, Apple in seinem Rechtsstreit zu unterstützen, und warnte, der Fall könne einen „gefährlichen Präzedenzfall“ schaffen, der andere Regierungen ermutigen könnte, Zugang zu verschlüsselten Kommunikationen zu fordern.

Meta hat sogar um Erlaubnis gebeten, als Zeuge zugunsten von Apple auszusagen – eine ungewöhnliche Allianz zwischen den sonst konkurrierenden Unternehmen. Diese Unterstützung unterstreicht die branchenweiten Bedenken über die Auswirkungen der britischen Forderungen auf die globale Datensicherheit.

Die Entwicklungen zeigen, wie Apple gleichzeitig an mehreren Fronten kämpft: gegen Regierungsanordnungen zur Schwächung der Verschlüsselung und gegen Vorwürfe wettbewerbswidriger Praktiken bei seinen Cloud-Services. Beide Verfahren werfen grundlegende Fragen über die Balance zwischen Sicherheit, Datenschutz und fairem Wettbewerb in der digitalen Ära auf.

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