DJ-Interview: Camea

Beat / Was „Clinkology“ so besonders macht ist der Spannungsaufbau. Die Platte fühlt sich virtuos an, zugleich aber auch sehr subtil und unterschwellig.

Camea / Ich wollte mit dem Mix eine Art lange, durchgängige Komposition aus dem Label-Katalog schaffen. Es sollte eine Herausforderung sein. Ich habe die Platte nicht live gemixt, sondern stattdessen aus den Stücken Loops herausgeschnitten oder Edits erstellt und sie anschließend in Ableton übereinandergelegt. Längere Aufbaupassagen und repetitive Stellen, die hypnotischer waren, habe ich automatisiert, wodurch ein tiefer Sound entsteht, den man beim DJing nur schwer hinbekommt. Es ist mir gelungen, indem ich in Traktor die Entwicklung eines Tracks zeitlich auseinanderziehe und die Loop-Funktion verwende. Gleichzeitig behalte ich währenddessen einen durchgängigen Groove bei, der aufwendig über vier Kanäle verteilt ist.

Beat / Du hast Traktor als eine einschneidende Entwicklung bezeichnet.

Camea / Traktor hat es mir vor allem erlaubt, außerhalb bestehender Schubladen zu denken. Es gibt mir vier Kanäle, Effekte, Looping und ein großartiges Organisationssystem. Ich kann mit Traktor eine Menge neuer Ideen in meinen Sets umsetzen, beispielsweise eigene musikalische Elemente einbauen und sie in Tracks einfügen. Trotzdem macht es mir ebenso viel Spaß, mit Control-Vinyl und Beatmatching zu arbeiten – also verwende ich manchmal auch diese Methode.

Beat / Beim DJing geht es idealerweise darum, den Tänzern einerseits das zu geben, was sie wollen und sie andererseits zu neuen Ufern zu führen. Ein Widerspruch?

Camea / Einer der wichtigsten Punkte ist für mich, eine Beziehung zu meinen Fans aufzubauen und ihnen Musik zu bieten, die für sie emotional zugänglich ist. Wenn du viel unterwegs bist, kommst du in Kontakt mit einer Menge verschiedener Kulturen und es ist sehr wichtig, flexibel darauf reagieren zu können. Dazu gehört vor allem, eine Crowd lesen zu können. Ich muss dabei meiner Intuition trauen und übliche Erwartungsmuster loslassen können. Es ist ein wenig wie beim Glücksspiel: Wenn es sich richtig anfühlt, gehe ich Risiken ein und improvisiere mit neuen Ideen und hoffe, dass dabei für die Besucher eine neue Erfahrung entsteht. Zum Glück ist das meistens der Fall!

Beat / Sind es diese Risiken, die den Job so spannend machen?

Camea / Stimmt wohl. Ich bin nun schon so lange auf das DJing fokussiert, dass ich nicht einmal darüber nachdenke, wie mein Leben ohne aussehen würde. Ich finde, dass wir glücklich darüber sein sollten, in einer Kultur zu leben, die sich ständig an den Augenblick anpasst. Ein DJ zu sein, erfüllt mich mit Vorfreude und Spannung. Ich weiß nie, was ich erwarten soll – und das Ergebnis ist jedes Mal anders.

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