Clubreport: U60311, Frankfurt

Die Musik steht im Vordergrund

In diesem Fall ist beides richtig. Denn im Gegensatz zu anderen Clubs, in denen sich stilistische Ausrichtungen und DJs im Wochentakt verändern, halten sich beim Frankfurter U60 Musiker und Organisation die Stange. So hat man in mehr als zehn Jahren feste Beziehungen zu Labeln und Künstlern aufgebaut, die inmitten eines Strudels aus Veränderungen und Umschwüngen Halt bieten und Erkennbarkeit garantieren. Auf diese Weise hat man sich von einem viel diskutierten Streitpunkt zu einem Aushängeschild der Stadt entwickelt und dabei so manche so genannte Krise sowie eine Reihe an viel versprechenden, aber letztendlich kurzlebigen Trends überlebt. Hinter dieser Konstanz steckt weitaus mehr als cleveres Marketing, auch wenn eine sinnvolle konzeptuelle Untermauerung zweifelsohne zum Erfolg beigetragen hat: „Für uns ist das U60 eine Lebenseinstellung und nicht nur ein Club. Wir leben Techno“, so Alexander Egger, der als Inhaber und Booker maßgeblich für die Inhalte verantwortlich ist. „Das Besondere unseres Ansatzes ist, dass wir keinen Wert auf Deko-Geschnörkel und andere Äußerlichkeiten legen. Bei uns steht die Musik im Vordergrund.“

Das mag zunächst wie falsche Bescheidenheit klingen. Der Grafiker Michael Fluhr sorgt schließlich persönlich für einen zugleich spannenden und verspielten visuellen Auftritt, sowohl was Internetauftritt und Poster als auch das Merchandising angeht. Und schließlich ist das U60 in den Anfangstagen gerade durch seine bestechende Ästhetik in die Schlagzeilen geraten: Für das Design beauftragte das Management Ende der Achtziger die Architekten Bernd Mey und Christian Pantzer. Gerade die Karriere von Mey steckte damals noch in den Kinderschuhen, und der Auftrag war einer der ersten für das gemeinsame Büro. Der gewagte Schritt erwies sich als Volltreffer: Innerhalb von zwei Jahren sammelte das U60 zahlreiche Designpreise und -nominierungen ein und wurde zu einem Dreh- und Angelpunkt zwischen der Frankfurter Shoppingmeile „Zeil“ und dem Hauptbahnhof. Der Entwurf ist dabei vor allem deswegen bemerkenswert, weil er zum einen mit kalter Betonästhetik und dunkel glühender Lumineszenz der klassischen Hochzeit des Techno Tribut zollt, gleichzeitig aber auch eine familiäre und warme Stimmung in den Nischen der Big-Finance-Metropole erzeugt. Andererseits berücksichtigt er die urbane Geschichte der Anlage: Jahrelang war die U-Bahn-Unterführung unter der Hauptwache ein Treffpunkt für Nachtschwärmer und dunkle Gestalten, eine rund um die Uhr geöffnete Anlage, die ihren rein funktionalen Charakter längst abgestreift hatte. Heute erinnern Holzplanken zur Verriegelung der einstmals brüchigen Eingänge, Glasvitrinen mit gefundenen Gegenständen von damals, Eimer voller Erde, ein Miniaturnachbau der Unterführung sowie die ausgestellten Originalbaupläne an die von Legenden umwobene Vergangenheit.

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