Designer, Vordenker und Erfinder der Gestensteuerung

Ein Geek von ganzem Herzen: Interview mit Dale Herigstad

Mac Life: Sie sind vor allem durch ihre Arbeit am Film „Minority Report“ bekannt geworden. Was waren dabei Ihre größten Herausforderungen? Hatten Sie auch Misserfolge, oder konnten Sie einige Ihrer Ideen nicht umsetzen?

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Dale Herigstad: Die größte Herausforderung war es, sich vorzustellen, wie es in der Zukunft aussehen könnte. Dabei durften wir nach Herzenslust übertreiben, das hat riesigen Spaß gemacht. Denn heutzutage sind wir so eingenommen von Sicherheitsvorschriften, Tests und Studien, bevor eine neue Technik auf den Markt kommt – daraus auszubrechen war ein wahrer Traumjob. Aber es gab auch Ideen, die wir nicht im Film umsetzen konnten. Zum Beispiel wollten wir gern so etwas wie Zeichensprache einsetzen, die dann vom Computer erkannt und umgesetzt wird. Außerdem haben wir ein paar sehr interessante Ideen gesammelt, zum Beispiel wie das perfekte Einkaufen in einem Ladengeschäft aussehen könnte.

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Dale Herigstad

Dale Herigstad ist ein international anerkannter Designer für digitale Medienprodukte. Mit seiner Agentur Schematic arbeitet er vor allem mit Unternehmen aus der Spielebranche sowie dem Fernsehen zusammen und entwickelt neue Benutzeroberflächen und Steuerungskonzepte. Mit den futuristischen Visionen, die er im Jahr 2002 in den Film Minority Report einbrachte, beeindruckte er ein weltweites Publikum. Er unterrichtet zusätzlich an Universitäten und ist in Forschungsverbänden engagiert. Für seine Arbeit erhielt Dale Herigstad insgesamt vier Emmy-Awards.

Mac Life: Ihre Ideen und Visionen wurden mehrfach ausgezeichnet und gelten als futuristisch. Was inspiriert Sie?

Dale Herigstad: Vor allem inspirieren mich die Ideen kleinerer Unternehmen oder einzelner Personen. Ganz am Anfang meiner Karriere habe ich für sehr große Namen in der Branche wie zum Beispiel Harry Marks und Robert Abel gearbeitet. Harry war extrem leidenschaftlich, neue Techniken im Zusammenhang mit tollem Design auszuprobieren, um Dinge einfach besser zu machen. Das gleiche gilt auch für Bob Abel – ich hatte wirklich Glück mit den beiden arbeiten und von ihnen lernen zu dürfen. Außerdem liebe ich es, Tag für Tag mit dem Zusammenspiel von Technik und Design arbeiten zu dürfen. Ich bin ein „Geek“ von ganzem Herzen und ziehe meine Inspiration aus neuen Spielzeugen und Applikationen jeder Art. Ich suche ständig nach neuen Wegen, unser Leben effizienter zu machen. Und lustiger. Der Schlüssel des Ganzen ist, immer gewillt zu sein, die Dinge anders zu sehen.

Mac Life: Suchen Sie sich in Ihrer Agentur Schematic die Projekte aus, die Sie betreuen, oder gibt es nichts, was Sie nicht umsetzen können?

Dale Herigstad: Die Arbeit bei Schematic ist von Kunde zu Kunde unterschiedlich, aber wir planen immer sehr viel Zeit ein, um Konzepte und Ideen ausführlich abzustimmen. Da viele unserer Kunden auf „Rich Media“ setzen, erstellen wir Bewegungsstudien schon sehr früh im Designprozess. Schließlich spielen Dynamik und Bewegung eine große Rolle bei den Erlebniswelten, die wir kreieren. Ein Großteil der Verbildlichung besteht aus der Entwicklung von Mustervorlagen, anhand derer sich der Fortschritt bewerten lässt. Außerdem zeigen Nutzertests von Prototypen wertvolles Feedback. Viele unserer Projekte gestalten wir sowohl für die Gegenwart wie auch für die Zukunft. So kann auch der Kunde planen, was zukünftig möglich sein wird. Deswegen glaube ich nicht, dass uns ein Projekt untergekommen ist, das wir abgelehnt haben: Unser Anliegen ist es, heute noch Unmögliches für die Zukunft umsetzbar zu machen.

Mac Life: Mit welcher Branche arbeiten Sie am liebsten zusammen?

Dale Herigstad: Ich arbeite am liebsten mit einer Sparte zusammen, die wir Fernsehen nennen. Oder vielleicht sollte ich besser sagen „Neues Fernsehen“. Denn das Medium TV ist in unserer Gesellschaft so stark verankert, dass es sowohl spannend als auch herausfordernd ist, Teil des Veränderungsprozesses zu sein und sich vorzustellen, wie sich die gute alte Erfahrung des Fernsehens mit neuen Ideen verändern kann. Trotzdem ist die Frage schwierig zu beantworten, denn die Grenzen zwischen TV, Spielen und Internetinhalten sind oft fließend. Ein großer Teil unserer Arbeit ist es, die verschiedenen Medien zusammenzubringen.

Mac Life: In einem Interview schwärmten Sie einmal von der Einfachheit und der intuitiven Benutzeroberfläche des iPhone. Ist es in Ihren Augen immer noch seiner Zeit voraus?

Dale Herigstad: Das iPhone ist noch immer eines meiner Lieblings-Geräte. Zum Teil wegen seiner Vielfältigkeit hinsichtlich Bewegung und Grafik. Das Gerät hat den Markt für Mobiltelefone definitiv verändert, und die Messlatte für ultimative Benutzererfahrungen um einiges höher gelegt. Beeindruckend ist vor allem, wie sich der App-Markt entwickelt. Vielleicht sind Widgets und Mini-Programme die neuen Inhalte, die Nutzer wollen? Außerdem bin ich ein großer Fan der Einfachheit von Gestensteuerung. Und nun, da sie auf mobilen Geräten bereits standardmäßig umgesetzt wird, ist der Weg vielleicht nicht mehr weit, um auch die Gestensteuerung aus der Distanz, also ohne Bildschirm zum Anfassen, verstärkt umzusetzen.

Mac Life: Was müsste Apple am iPhone verbessern, damit es ganz und gar ein „Mobiltelefon der Zukunft“ nach Ihren Vorstellungen ist?

Dale Herigstad: Ich würde mir wirklich wünschen, dass sich die Drahtlos- Technik deutlich verbessert. WLAN sollte es überall geben und vor allem mit wirklich hohen Geschwindigkeiten. Denn der Wechsel zwischen schnellen WLANSpots und langsamen Mobilfunknetzen ist wirklich keine schöne Erfahrung. Aber das ist vielleicht eher eine Frage, wie man die Netzwerkqualität verbessert. Hinsichtlich der Benutzeroberfläche würde ich mir wünschen, dass Apple mehr Rechts-/Links-Gestensteuerungen verwendet, statt zu vieler „Zurück“- Knöpfe.

Mac Life: Apple ist bekannt für seine Innovationen und Kreativität. Womit meinen Sie, wird Apple uns in den nächsten Jahren überraschen?

Dale Herigstad: Ich habe wirklich keine Ahnung, aber es ist in der Regel großartig!

Mac Life: Welche Ihrer Ideen wird als Nächstes den Markt erobern?

Dale Herigstad: Die Gestensteuerung aus der Distanz, also die Idee, mit Computern allein durch Handbewegungen zu kommunizieren, ist stark im Kommen. Und damit meine ich die Steuerung mit den Händen allein – ohne Handschuhe oder zusätzliche Hardware [Anm. d. Red.: beispielsweise die Fernbedienung der Nintendo Wii]. Es gibt zahlreiche Unternehmen, die mit diesen Ideen spielen. Um diese endlich real und populär werden zu lassen, ist es vor allem wichtig, dass bestimmte Gesten mit bestimmten Funktionen verknüpft werden, die dann für alle Geräte mit Gestensteuerung gelten.

Mac Life: Also wie beispielsweise mit dem Dreiecksymbol für „Play“. Bei welcher Idee wird es noch viele Jahre dauern?

Dale Herigstad: Schwierige Frage. Bei der Gestensteuerung dachten wir, es würde noch Jahrzehnte dauern. Dabei steht sie schon jetzt kurz vor dem Durchbruch.

Mac Life: Welcher Alltagsgegenstand nervt Sie am meisten?

Dale Herigstad: Radiowecker in Hotels. Mir ist noch keiner begegnet, den ich verstanden habe und dem ich vertrauen konnte, dass er mich pünktlich weckt. Diese Dinger sind unnötig kompliziert. Also wirklich, es ist doch nur ein Wecker!

Mac Life: Wie wird sich in zehn Jahren unserer Umgang mit technischen Geräten im Alltag ändern?

Dale Herigstad: Wenn man sich heute die jüngere Generation anschaut, sieht man, wie schnell sie sich an neue Geräte und Benutzeroberflächen gewöhnen. In den kommenden Jahren und Jahrzehnten werden wir es mit sehr viel komplexeren Erfahrungen zu tun haben, wie die Kommunikation zwischen mobilen Geräten und dem Fernsehen, um nur ein einfaches Beispiel zu nennen.

Mac Life: Es gibt viele Science-Fiction- Geschichten, die Fortschritt auch von einer negativen Seite darstellen. Welche Werte sind in Gefahr?

Dale Herigstad: Der Film „Minority Report“ hat einige der angsteinflößenden und störenden Aspekte von Technik porträtiert. Zum Beispiel normale Passanten, die identifiziert und verfolgt werden, um sie mit personalisierter Werbung zu bombardieren. Es hat sich wie ein Angriff angefühlt, als Tom Cruise durch das Einkaufszentrum ging und ihn die Werbebotschaften gezielt attackierten. Ruhe und persönlicher Freiraum werden zurückgedrängt, davon kann man heute schon Ansätze sehen.

Mac Life: Vor allem Ihr Konzept, Geräte über Gedanken zu steuern, wird teilweise kontrovers diskutiert. Haben Sie Angst, dass solche Konzepte auch missbraucht werden können? Wie?

Dale Herigstad: Solange die Techniken so eingesetzt werden wie heute, nämlich in Spielen und für individuelle Einstellungen, habe ich keine Angst vor Missbräuchen.

Mac Life: Verraten Sie uns als letztes, welche Idee Sie gerade am meisten beschäftigt?

Dale Herigstad: In den USA ist derzeit stereoskopische (3D-)Darstellung stark im Kommen und es gibt da einige interessante Möglichkeiten, Nutzer in einer 3D-Darstellung interagieren zu lassen …

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