Bloomberg-Bericht wirft Fragen auf:

Schreddert Apple Hunderttausende funktionierende iPhones?

Apple brüstet sich mit einem umfangreichen Recycling-Programm für alte iPhones – ein „Bloomberg“-Bericht legt jedoch nahe, dass das Unternehmen hingegen eine große Anzahl in Zahlung gegebener Smartphones schlicht schreddern lässt.

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Apple unterstreicht anlässlich des weltweiten „Earth Day“ auch in Deutschland einmal mehr die Ambitionen seines „Trade-In“-Programms zur Rückgabe gebrauchter iPhones: Bis zu 770 Euro können sich iPhone-Nutzende – je nach Modell – gutschreiben lassen, wenn sie ihr altes Gerät in einem Apple-Store-Verkaufsgeschäft oder online beim Kauf eines neuen „eintauschen“. Eine potenzielle Win-win-Situation: Apple verspricht, gut erhaltene Smartphones entweder weiter im Umlauf zu halten oder andernfalls aufzubereiten. Im Gegenzug sichert sich der Konzern die wertvollen, wiederverwertbaren Rohstoffe des Altgeräts für die Neuproduktion.

250.000 iPhones pro Jahr zum Schreddern freigegeben

Wie ein ausführlicher Report („What Really Happens When You Trade In an iPhone at the Apple Store“, Registrierung zum Lesen notwendig) von „Bloomberg Businessweek“ nahelegt, kommt Apple diesem Versprechen jedoch nicht immer nach. Vielmehr ergaben Recherchen, dass das Unternehmen einen nicht geringen Teil an iPhones von Subunternehmen schreddern lässt. Wie der angesehene US-Wirtschaftsmediendienst berichtet, bezahlte Apple den chinesischen Entsorger GEEP dafür, eine Viertelmillion Smartphones pro Jahr in dessen kanadischer Niederlassung in Barrie nördlich von Toronto zu zerstören. In den ersten zwei Jahren des Abkommens hätte der IT-Riese dem asiatischen Unternehmen nicht weniger als 530.000 iPhones, 25.000 iPads und 19.000 Apple Watches für diese Aufgabe übergeben. Die Abwicklung sollte innerhalb von 45 Tagen nach Empfang der Ware erfolgen.

Dumm gelaufen: 99.975 iPhones weiterverkauft

Das Problem: GEEP hielt sich anscheinend nicht an die Verträge. Wie Apple in einer internen Untersuchung herausfand, zerstörte das Subunternehmen fast 100.000 Geräte, die sich offensichtlich in einem gebrauchsfertigen Zustand befanden, nicht wie vereinbart. Vielmehr tauchten diese in China als Gebrauchtware auf – was sich nicht zuletzt an deren Aktivierungen zeigte.

Im Jahr 2020 verklagte Apple daher den Dienstleister wegen Nichteinhaltung der Vertragsverpflichtungen auf insgesamt 31 Millionen Kanadische Dollar (knapp 21 Millionen Euro). GEEP wollte hingegen drei Mitarbeitende vor Gericht bringen, die für die Diebstähle verantwortlich sein sollen. Beide Unternehmen verfolgten diese Klagen jedoch seitdem nicht weiter; im Januar 2025 respektive im August dieses Jahres verfallen sie daher. Der Schluss liegt nahe, dass speziell Apple keine weitere Aufmerksamkeit auf die Praxis der Zerstörung selbst funktionstüchtiger Altgeräte lenken will, um einen Imageschaden zu vermeiden.

Außerdem erwähnt die Bloomberg-Reportage einen ehemaligen Mitarbeitenden des niederländischen Unternehmens Re-Tech, das in unmittelbarer Nähe von Apples europäischen Recyclingstätten beheimatet ist. Bloomberg zitiert seine Erinnerung an das Zertrümmern funktionstüchtiger iPhones, Apple Watches und Mac-Computer – in einigen Fällen grob mit dem Hammer. Re-Tech lehnte auf Nachfrage eine Stellungnahme ab.

Bis zu 200 iPhones pro Stunde zerlegt Apples Recyclingroboter Daisy im Ideafall für die Wiederaufbereitung. Leider gibt es nur zwei der Anlagen weltweit.
Bis zu 200 iPhones pro Stunde zerlegt Apples Recyclingroboter Daisy im Ideafall für die Wiederaufbereitung. Leider gibt es nur zwei der Anlagen weltweit. (Bild: Apple)

Und Liam und Daisy?

Laut Bloomberg sind zudem die automatischen Recycling-Roboter Liam und Daisy bei Weitem nicht so effizient, wie Apple sie gern präsentiert. Liam etwa würde bei korrodierten Schrauben des zu verarbeitenden iPhone aussetzen und ohne menschliche Eingriffe keine zehn Minuten zu arbeiten imstande sein.

Dessen Nachfolgerin scheint weitaus zuverlässiger zu sein und 200 Geräte pro Stunde zerlegen zu können – und das entspricht im Idealfall immerhin 1,2 Millionen Smartphones im Jahr. Das Problem: Apple verkauft dieselbe Anzahl an Neugeräten – rein rechnerisch gesehen – innerhalb von zwei Tagen. Um die Menge der wiederaufbereiteten iPhones zu erhöhen, müsste das Unternehmen weitaus mehr Roboter einsetzen. Bisher gibt es anscheinend aber nur zwei entsprechende Anlagen – eine in den Niederlanden sowie eine in Texas.

Fairerweise ist allerdings anzumerken, dass keine Statistiken dazu vorliegen, wie viele iPhones Nutzende tatsächlich jährlich im Trade-In-Programm zurückgeben – Apple veröffentlicht dazu keine Zahlen. Insofern ist es auch schwierig zu sagen, welchen Anteil potenziell geschredderte Geräte im Vergleich ausmachen. Apple selbst berichtet von einem starken Wachstum des eigenen Trade-in-Programms.

Apple verweist auf Langlebigkeit

Apple hat auf die Ergebnisse der Bloomberg-Nachforschungen bislang nicht im Detail reagiert und erklärte lediglich, „dass sich das Recycling von Elektronikgeräten seit der GEEP-Klage sprunghaft verbessert hat und das Unternehmen langlebige Produkte herstellt, die oft mehrere Besitzer haben.“

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Apple bietet mit „Trade-In“ ganz schlechte Preise für alte iPhones. Man fährt wesentlich besser (sprich man erhält viel mehr Geld) wenn man das alte iPhone selber verkauft.

Ist doch weder neu noch verwunderlich. dass Apple keinerlei Interesse daran har, dass gebrauchte Geräte weiterhin genutzt werden. Der Laden betreibt in Bezug auf Nachhaltigkeit ein verlogenes, heuchlerisches Greenwashing.

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