Tim und seine Gang, Teil 3

Eddy Cue: Apples Dienste-Architekt

Eddy Cue gehört zu den Apple-Granden, die kaum mehr wegzudenken sind. Über die Jahre hat Cue viele Fans gewonnen – auch wegen seiner oft extravaganten Hemdenwahl.

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Eddy Cue ist ein Name, der in der Welt von Apple Synonym für Innovation und strategischen Weitblick steht – und für gewagte Modeentscheidungen, wie sonst wohl nur Thomas Gottschalk. Als einer der langjährigsten und einflussreichsten Manager bei Apple hat Cue maßgeblich dazu beigetragen, das Unternehmen von einem Computerhersteller zu einem führenden Anbieter digitaler Dienste zu transformieren. Seine Arbeit hinter den Kulissen hat nicht nur die Art und Weise verändert, wie wir Musik hören und Apps nutzen, sondern auch, wie wir digitale Inhalte konsumieren und bezahlen.

In diesem Artikel werfen wir einen detaillierten Blick auf die Karriere von Eddy Cue, seine bedeutendsten Beiträge zu Apples Entwicklung sowie die  Auswirkungen auf die Technologiebranche und darüber hinaus.

Jugend und Ausbildung

Geboren 1964 in Florida als Sohn einer kubanischen Mutter und eines spanischen Vaters, wuchs Eddy Cue, der eigentlich Eduardo heißt, in einem Umfeld auf, das von kultureller Vielfalt geprägt war. Wir wollen uns nicht zu sehr in Küchentischpsychologie versteigen, aber diese multikulturelle Erziehung könnte natürlich auch seine Offenheit gegenüber Innovationen mitbegründet haben.

Cue besuchte die Deerborne High School in Coral Gables, Florida, war ein Mitglied des Basketball-Teams und galt als beliebter Schüler. In einem CNet-Artikel beschreibt seine ehemalige Mitschülerin Danielle Morano Salman ihn als jemanden, der in den fortgeschrittenen Klassen herausstach, mit allen befreundet war und immer eine klare Vision für seine Zukunft hatte. Schon immer habe er gewusst, dass ihn sein Weg zur Duke University führen würde.

So kam es auch tatsächlich. An der Duke University erwarb Cue 1986 einen Bachelor-Abschluss in Informatik und Wirtschaftswissenschaften. Diese Kombination aus technischem Wissen und wirtschaftlichem Verständnis sollte den Grundstein für seine spätere Karriere bei Apple legen. Dabei hatte er ursprünglich Architekt werden wollen, seine Faszination für Computer allerdings lenkte ihn in eine andere Richtung.


Einstieg bei Apple

Eddy Cue stieß bereits 1989 zu Apple, einer Zeit, in der das Unternehmen mit Herausforderungen konfrontiert war und sich neu erfinden musste. Der Rausschmiss Steve Jobs’ lag erst ein paar Jahre zurück, aber zumindest rückblickend lassen sich in dieser Phase bereits erste Zerfallserscheinungen bei Apple erkennen.

Seine ersten Jahre bei Apple verbrachte er als Manager im Kundenservice, wo er sicherlich wertvolle Einblicke in die Bedürfnisse und Erwartungen der Apple-Nutzer und -Nutzerinnen gewann. Diese frühen Erfahrungen bei Apple mögen sein Verständnis für die Bedeutung von Kundenzufriedenheit und Benutzerfreundlichkeit, die später seine Arbeit an den digitalen Diensten des Unternehmens prägen sollten, geschärft haben.

Schnell erkannte man bei Apple sein Potenzial, und Cue wechselte in die Softwareentwicklung.

Eddy Cue 2018 bei einem seiner (meist unterhaltsamen) Auftritte für Apple.
Eddy Cue 2018 bei einem seiner (meist unterhaltsamen) Auftritte für Apple. (Bild: Fredrik Lundhag, CC  Attribution-Share Alike 2.0 Generic)

Schlüssel-Dienste für ein neues Apple

In der Folge war Eddy Cue maßgeblich an der Entwicklung einiger der einflussreichsten Dienste von Apple beteiligt. Im Jahr 1998 spielte er eine entscheidende Rolle bei der Einführung des Apple Online Store, der die Art und Weise revolutionierte, wie Kunden und Kundinnen Apple-Produkte kaufen und mit dem Unternehmen interagieren konnten.

Doch sein vielleicht größter Beitrag zu Apples Wiederbelegung in den Jahren nach Jobs’ Rückkehr gelang ihm 2003 mit der Einführung des iTunes Store. In einer Zeit, in der die Musikindustrie von illegalen Downloads bedroht war, selbst aber weiterhin auf den Verkauf von Plastikscheiben setzte, bot iTunes eine legale und benutzerfreundliche Plattform für den Kauf digitaler Musik. Dieser Erfolg ebnete den Weg für die spätere Erweiterung des Stores um Filme, TV-Sendungen, Bücher und Podcasts.

Eddy Cue ist seither bekannt für seine Fähigkeit, strategische Partnerschaften zu schmieden. Er verhandelte nicht nur entscheidende Deals mit Plattenfirmen für iTunes, sondern sicherte Apple auch einen exklusiven Vertrag mit AT&T für das erste iPhone – ein Schritt, der entscheidend zum Erfolg des Geräts in den USA beitrug.

Vom iTunes Store zu Apple Music

Der iTunes Store wurde am 28. April 2003 in den USA und knapp zwei Monate später auch in Deutschland von Apple eingeführt, mit Eddy Cue als treibende Kraft hinter den Kulissen. Cue, der seit 1989 bei Apple arbeitete, war maßgeblich an den Verhandlungen mit den großen Plattenfirmen beteiligt, um deren Musik im Store anbieten zu können. Der Store startete mit einem Katalog von 200.000 Songs und revolutionierte den digitalen Musikvertrieb.

Unter Cues Leitung wuchs der iTunes Store schnell. Bereits nach einer Woche wurden 1 Million Songs verkauft, nach einem Jahr waren es 70 Millionen. Der Store expandierte international und fügte nach und nach weitere Medientypen wie Filme, TV-Shows, Bücher, Podcasts und letztlich auch Apps hinzu. (Wenn gleich letztere nie Teil des iTune Store waren. Der App Store kann allerdings mit Fug und Recht als Auskopplung des iTunes Store betrachtet werden.)

Mit dem Aufkommen von Streaming-Diensten wie Spotify erkannte Cue die Notwendigkeit für Apple, auch in diesen Markt einzusteigen. Er spielte eine zentrale Rolle bei der Übernahme von Beats Electronics und Beats Music im Jahr 2014 für 3 Milliarden Dollar, was den Grundstein für Apple Music legte.

Am 8. Juni 2015 wurde Apple Music auf der WWDC vorgestellt und am 30. Juni 2015 gestartet. Cue war federführend bei der Entwicklung und dem Launch des Dienstes. Er arbeitete eng mit Musikern wie Trent Reznor und Branchengrößen wie Jimmy Iovine zusammen, um ein Produkt zu schaffen, das sowohl Musikschaffende als auch Hörende anspricht. Unter Cues Führung entwickelte sich Apple Music stetig weiter. Der Dienst setzt stark auf menschliche Kuratierung und exklusive Inhalte, um sich von der Konkurrenz abzuheben.

Eddy Cues Verständnis für die Musikindustrie, sein Verhandlungsgeschick und seine Vision für digitale Dienste haben maßgeblich dazu beigetragen, Apple zu einem der führenden Unternehmen im digitalen Musikgeschäft zu machen.

Im Jahr 2008 war Cue auch entscheidend an der Entwicklung des App Store beteiligt. Der App Store schuf ein völlig neues Ökosystem für Developer und User und trug dazu bei, das iPhone zu einem unverzichtbaren Bestandteil des täglichen Lebens zu machen.

Unter Cues Leitung hat Apple seine Dienste kontinuierlich erweitert und verbessert. Er überwachte die Einführung von Apple Music, das sich schnell als einer der führenden Musik-Streaming-Dienste etablierte. Darüber hinaus spielte er eine zentrale Rolle bei der Entwicklung von Apple Pay, das die Art und Weise veränderte, wie Menschen weltweit bezahlen.

Besonders bemerkenswert ist vielleicht seine Arbeit an iCloud, das aus dem weniger erfolgreichen MobileMe hervorging und das heute von über 850 Millionen Menschen genutzt wird.

Es ist keine Übertreibung, zu sagen, dass einige der unter Eddy Cue eingeführten Dienste nicht nur Apples Geschäftsmodell, sondern auch die gesamte Technologiebranche veränderten.

Apple TV+

Apple TV+, der Streamingdienst von Apple, startete am 1. November 2019 und ist eng mit Eddy Cue, dem Senior Vice President of Services bei Apple, verbunden. Die Entstehungsgeschichte reicht bis 2015 zurück, als Apple erste Verhandlungen mit Fernsehstudios führte, die jedoch scheiterten. Vielleicht hatten die Fernsehstudios auch aus den Anfängen des iTunes Store gelernt und wollten sich nicht in einer ähnlichen Abhängigkeit von Apple wiederfinden, wie es die Musikindustrie einst tat.

Im Oktober 2016 deutete Tim Cook Pläne für eigene Film- und Serien-Produktionen an, bevor der Dienst offiziell am 25. März 2019 angekündigt wurde. Eddy Cue spielte eine zentrale Rolle bei der Entwicklung von Apple TV+, indem er seine Erfahrungen aus früheren Projekten wie dem iTunes Store und Apple Music nutzte und maßgeblich an den Verhandlungen mit Inhalteanbietern beteiligt war.

Apple TV+ setzt vorrangig auf Eigenproduktionen, sogenannte „Apple Originals“, und präsentierte bei der Ankündigung prominente Schriftsteller, Regisseure und Stars. Der Erfolg des Dienstes lässt sich an der Qualität der Inhalte messen, mit preisgekrönten Serien wie „Ted Lasso“ und „The Morning Show“. Trotz hochwertiger Inhalte bleibt der Marktanteil im Vergleich zu Konkurrenten wie Netflix (~29 %) und Amazon Prime Video (~31 %) mit etwa 7 % in Deutschland relativ gering.


Karten, MobileMe und Siri

Bei Apple ist Eddy Cue scheinbar auch zu dem Mann geworden, den man ruft, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Nach einem – gelinde gesagt – holprigen Start für Apples Karten-App als Konkurrenz zu Google Maps, der zu öffentlichen Entschuldigungen und auch zum Abgang von Scott Forstall führte, vertraute man Cue den Verbesserungs- und Neuaushrichtungsprozess an. Mit Erfolg! Heute ist die Karten-App von Apple eine veritable Alternative zum Platzhirschen von Google und wird nicht von wenigen Menschen sogar präferiert.

Bereits zuvor gelang es Cue einen weiteren Online-Dienst von Apple, der Schiffbruch erlitten hatte, zu retten: MobileMe. Apples Cloud-Dienst hatte eigentlich dauerhaft mit Problemen in Bezug auf die Zuverlässigkeit zu kämpfen und konnte den Anforderungen vieler Nutzenden nie wirklich gerecht werden. Wiederauferstanden als iCloud hingegen, ist der Dienst auch dank Eddy Cue zu einem Erfolg für Apple geworden.

Aber selbst Eddy Cues Bilanz ist (natürlich) nicht makellos. Mindestens eine Schlappe musste Cue 2017 hinnehmen, als ihm die Weiterentwicklung von Siri entzogen wurde; darum kümmerten sich fortan Craig Federighi und Johan Giannandrea, was im Hinblick auf die Einbettung Siris in Apples KI-Strategie „Apple Intelligence“ auch sinnvoll erscheint – schließlich gehört Giannandrea zu den führen KI-Köpfen bei Apple. (Ihm werden wir ebenfalls ein Profil in dieser Reihe widmen, Craig Federighi ist bereits Teil dieser Serie.)

Ein Fan des Sports. Unschwer zu erkennen an den Bildern und Regalen in Cues Büro.
Ein Fan des Sports. Unschwer zu erkennen an den Bildern und Regalen in Cues Büro. (Bild: Apple)

Privatleben

Abseits seiner beruflichen Verpflichtungen ist Eddy Cue ein Familienmensch. Er lebt mit seiner Familie in Los Altos, Kalifornien. In seiner Freizeit ist er ein begeisterter Basketballfan und unterstützt leidenschaftlich die Duke Blue Devils, das Team seiner Alma Mater. Cues Engagement geht jedoch über Sport hinaus; er ist auch philanthropisch tätig. So hat er bedeutende Beiträge zur Duke University geleistet und wurde für seine wohltätigen Bemühungen mit dem Spirit of Life Award ausgezeichnet.

Eddy Cue ist auch bekannt für seine Leidenschaft für Basketball und seine enge Verbindung zur Duke University. Als begeisterter Fan der Duke Blue Devils hat er gemeinsam mit dem Basketballtrainer Mike Krzyzewski das PowerForward-Programm gegründet, das sich auf die Förderung von Führungskompetenzen in Unternehmen konzentriert.

Cues bleibende Bedeutung

Eddy Cue wird oft als einer der Architekten von Apples Erfolg im Bereich digitaler Dienste angesehen. Seine Fähigkeit, innovative Produkte zu entwickeln und strategische Partnerschaften zu schließen, hat Apple geholfen, sich als führender Anbieter im digitalen Zeitalter zu etablieren. Unter der Führung von CEO Tim Cook spielt Cue weiterhin eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung von Apples Zukunft.
Sein Vermächtnis ist nicht nur in den Produkten und Diensten sichtbar, die er mitentwickelt hat, sondern auch in der Art und Weise, wie er Apples Kultur des ständigen Strebens nach Exzellenz verkörpert. Eddy Cues Einfluss reicht weit über die Grenzen von Apple hinaus und hinterlässt einen bleibenden Eindruck in der gesamten Technologiebranche.

Eddy Cue ist ein Paradebeispiel für eine Führungskraft, die mit Weitblick und Entschlossenheit arbeitet. Seine Karriere bei Apple zeigt, wie wichtig es ist, sich ständig weiterzuentwickeln und neue Chancen zu ergreifen. Während Apple weiter wächst und sich verändert, bleibt Cues Beitrag ein zentraler Bestandteil seiner Erfolgsgeschichte. Sein Engagement für Innovation und Qualität wird zweifellos auch zukünftige Generationen (nicht nur) bei Apple inspirieren.

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