Tim und seine Gang, Teil 2

Craig Federighi – Das zweite Gesicht von Apple

Craig Federighi verkörpert in vielerlei Hinsicht den Geist von Apple: Innovation, Benutzerfreundlichkeit und die Suche nach Perfektion – aber Spaß dabei!

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8 Minuten Lesezeit

In der Welt der Technologie gibt es nur wenige Persönlichkeiten, die so charismatisch und einflussreich sind wie Craig Federighi. Als Senior Vice President of Software Engineering bei Apple hat er nicht nur die Entwicklung einiger der weltweit meistgenutzten Betriebssysteme geleitet, sondern ist auch zu einem der bekanntesten Gesichter des Unternehmens geworden. Sein Weg an die Spitze von Apples Softwareentwicklung ist eine faszinierende Geschichte von Innovation, Ausdauer und Vision.

Frühe Jahre und Ausbildung

Craig Federighi wurde am 27. Mai 1969 in Alameda, Kalifornien, geboren. Aufgewachsen in der pulsierenden Technologieszene der San Francisco Bay Area, entwickelte er schon früh eine Leidenschaft für Computer und Programmierung. Diese Begeisterung führte ihn an die renommierte University of California, Berkeley, wo er 1991 seinen Bachelor in Elektrotechnik und Informatik abschloss.

Federighis Interesse an der sich rasant entwickelnden Computertechnologie trieben ihn dazu, seine akademische Laufbahn fortzusetzen. 1994 erwarb er seinen Master in Informatik, ebenfalls an der UC Berkeley. Diese solide akademische Grundlage sollte sich als entscheidend für seine zukünftige Karriere erweisen.

Frisch von der Universität begann Federighi seine berufliche Laufbahn bei NeXT, dem von Steve Jobs nach dessen (vorübergehenden) Ausscheiden bei Apple gegründeten Unternehmen. Von 1994 bis 1996 arbeitete er dort an der Entwicklung von Enterprise-Software und hatte die Gelegenheit, direkt unter Jobs zu arbeiten. Diese Erfahrung prägte Federighis Verständnis von Softwaredesign und Benutzerfreundlichkeit nachhaltig.

Als Apple NeXT 1996 übernahm, wurde Federighi Teil des Apple-Teams. In den folgenden drei Jahren arbeitete er an Enterprise-Frameworks und sammelte wertvolle Erfahrungen im Bereich der Softwareentwicklung für große Unternehmen. Doch 1999 verließ er Apple, um neue Herausforderungen anzunehmen.


Die Ariba-Jahre

Federighi wechselte zu Ariba, einem Unternehmen, das sich auf B2B-E-Commerce-Lösungen spezialisiert hatte. Hier stieg er schnell die Karriereleiter hinauf und wurde schließlich zum Chief Technology Officer ernannt. In dieser Position leitete er die Entwicklung innovativer E-Commerce-Plattformen und erweiterte sein Verständnis für die Bedürfnisse von Unternehmen im digitalen Zeitalter.

Die Zeit bei Ariba war für Federighi eine Phase intensiven Lernens und Wachstums. Er entwickelte nicht nur seine technischen Fähigkeiten weiter, sondern schärfte auch seine Führungsqualitäten. Diese Erfahrungen sollten sich als unschätzbar wertvoll erweisen, als er 2009 zu Apple zurückkehrte.

Rückkehr zu Apple

Federighis Rückkehr zu Apple markierte den Beginn einer neuen Ära – für ihn selbst, aber auch für Apple. Er trat als Vice President of Mac Software Engineering in das Unternehmen ein und übernahm die Verantwortung für die Entwicklung von macOS. Unter seiner Führung erlebte das Betriebssystem eine Renaissance, mit bedeutenden Verbesserungen in Bezug auf Benutzerfreundlichkeit, Leistung und Integration mit anderen Apple-Diensten.

2011 wurde Federighi zum Vice President for Mac Software Engineering befördert, in Anerkennung seiner Leistungen und seiner Vision für die Zukunft von macOS. Nur ein Jahr später erfolgte Federighis Beförderung zum Senior Vice President of Software Engineering. In dieser Position übernahm er nicht nur die Verantwortung für macOS, sondern auch für iOS, das Betriebssystem von iPhone und iPad. Diese Erweiterung seiner Zuständigkeiten kam zu einem kritischen Zeitpunkt für Apple, denn Scott Forstall, der bisherige iOS-Chef, hatte das Unternehmen gerade erst verlassen (müssen).

Federighis Aufgabe war es nun, die Entwicklung von macOS und iOS zu harmonisieren und eine kohärente Softwarestrategie für alle Apple-Plattformen zu entwickeln. Eine gewaltige Herausforderung. Aber wie wir in vielen Aspekten sehen: Federighi erwies sich als der richtige Mann für diese Aufgabe.

Schlüsselrolle und Verantwortung

Als Senior Vice President of Software Engineering trägt Federighi heute die Verantwortung für die Entwicklung fast aller wichtigen Betriebssysteme von Apple: iOS, iPadOS, macOS, watchOS und tvOS. Als neueste Erweiterung kam visionOS für die Apple Vision Pro hinzu. Seine Aufgabe umfasst dabei nicht nur die technische Entwicklung, sondern auch das Design der Benutzeroberflächen, die Entwicklung von Anwendungen und die Schaffung von Frameworks und Tools für Entwickler und Entwicklerinnen.

Unter Federighis Führung wurden zahlreiche bahnbrechende Funktionen eingeführt. Dazu gehören Face ID, das die Art und Weise, wie wir unsere Geräte entsperren, revolutioniert hat. Der Dark Mode, der nicht nur ästhetisch ansprechend ist, sondern auch die Akkulaufzeit verlängert. Und die Programmiersprache Swift, die die App-Entwicklung für Apple-Plattformen vereinfacht und beschleunigt hat – um nur ein paar zu nennen.

Ein besonderer Fokus von Federighi liegt auf der Integration der verschiedenen Apple-Betriebssysteme. Die Continuity-Funktionen, die es Benutzern ermöglichen, nahtlos zwischen ihren Apple-Geräten zu wechseln, sind ein Paradebeispiel für diese Strategie. Auch die Einführung von Universal Apps, die sowohl auf Intel- als auch auf Apple-Silicon-Macs laufen, zeigt Federighis Bestreben, die Apple-Plattformen eng zusammenzuhalten.

Federighis Einfluss auf Apples Software-Ökosystem geht weit über die bloße Entwicklung von Betriebssystemen hinaus. Er hat maßgeblich dazu beigetragen, Apples Philosophie der nahtlosen Integration von Hardware und Software zu verwirklichen.

Ein Schlüsselprojekt in diesem Zusammenhang ist Catalyst, das es Entwicklern ermöglicht, iPad-Apps mit minimalen Anpassungen auf den Mac zu bringen. Diese Initiative hat nicht nur die Anzahl der verfügbaren Mac-Apps erhöht, sondern auch die Grenzen zwischen den verschiedenen Apple-Plattformen weiter verwischt.

Apple und der Datenschutz

In einem Interview im Jahr 2020 machte Craig Federighi deutlich, dass Apples Engagement für Datenschutz nicht nur Show sei, sondern dass Apple glaube, dass Privatsphäre ein grundlegendes Menschenrecht ist:

Wir denken, wir zeigen der Branche und den Kunden den Weg, dass sie mehr verlangen können – sie sollten mehr erwarten – in Bezug auf den Schutz ihrer Privatsphäre, und dass wir dazu beitragen können, die Branche dazu zu bewegen, Dinge zu entwickeln, die die Privatsphäre besser schützen.Als Apple gegründet wurde, lautete die Aussage: Dies ist der Personal Computer. Dies sind deine eigenen Daten. Dieser Stapel Disketten, den du in der Schuhschachtel neben deinem Apple II hast – der gehört dir. Er ist nicht auf dem Großrechner. Er ist nicht im Timesharing-System – es sind deine Daten.Und die Menschen bei Apple haben, während sich die Welt weiterentwickelt hat, dies weiterhin als persönliches Computing betrachtet. Und dass die Daten, die du erstellst, die Dinge, die du mit deinem Computer machst – diese gehören dir und sollten unter deiner Kontrolle stehen. Du solltest dir bewusst sein, was mit deinen Daten geschieht.“

Datenschutz und Sicherheit sind weitere Bereiche, in denen Federighi einen starken Einfluss ausübt. Unter seiner Führung hat Apple zahlreiche Funktionen eingeführt, die die Privatsphäre der Benutzer schützen. Die App-Tracking-Transparenz, die es Benutzern und Benutzerinnen ermöglicht, Apps das Tracking ihrer Aktivitäten zu verweigern, ist nur ein Beispiel dafür. Auch die verstärkte Verschlüsselung von iCloud-Daten und die Einführung von Datenschutz-Etiketten im App Store sind auf Federighis Engagement für den Schutz der Daten von Benutzern und Benutzerinnen zurückzuführen.

Nicht zuletzt hat Federighi auch das Thema Inklusivität in Apples Software-Ökosystem vorangetrieben. Die Verbesserung der Barrierefreiheitsfunktionen in allen Apple-Betriebssystemen und die Einführung einer größeren Diversität in den Emoji-Designs sind Beispiele für dieses Engagement.

Craig Federighi scheint sich für keinen Gag zu schade zu sein und war in der Vergangenheit somit wiederholt ein Garant für – im doppelten Wortsinn – merkwürdige Momente in Apples Präsentationen, wie hier anlässlich der WWDC 2022.
Craig Federighi scheint sich für keinen Gag zu schade zu sein und war in der Vergangenheit somit wiederholt ein Garant für – im doppelten Wortsinn – merkwürdige Momente in Apples Präsentationen, wie hier anlässlich der WWDC 2022. (Bild: Apple, Screenshot Mac Life)

Öffentliche Präsenz und Persönlichkeit

Federighi ist nicht nur hinter den Kulissen eine treibende Kraft, sondern auch eines der bekanntesten Gesichter von Apple. Seine Auftritte bei Apple-Events und der Worldwide Developers Conference (WWDC) sind legendär. Mit seinem charismatischen Auftreten und seinem mal feinsinnigen, mal grandios übertriebenen Humor hat er sich unter anderem den Spitznamen „Hair Force One“ erworben – eine Anspielung auf seine beeindruckende Frisur.

Dad-Joke-Masterclass

Federighi scheint seine Freude daran gefunden zu haben, auch ein Stück weit mit den Erwartungen der Leute zu spielen. Bei einem seiner ersten Auftritte auf Apples großer Bühne sah man ihn noch mit zittriger Hand die Maus bedienen, inzwischen ist er zu einem echten Showman geworden, den selbst Pannen bei der Präsentation zentraler Features wie Face ID nicht aus der Ruhe bringen.

Überhaupt ist Federighi ein, wenn nicht der Sympathieträger in Apples Führungsriege. Dad-Jokes, absurder Humor in fiktiven Geschichten über das „Crack-Produktmarketing-Team“ auf der Suche nach neuen Namen für macOS, Rickrolling oder der Evergreen: sein (nicht mehr nur) Gaming-Spitzname „Hair Force One“ – wer Craig nicht mag, dem oder der ist auch nicht mehr zu helfen.

Federighis Präsentationsstil ist eine Mischung aus technischer Kompetenz und unterhaltsamer Darbietung. Er hat die Fähigkeit, komplexe technische Konzepte so zu erklären, dass sie sowohl für Entwickler und Entwicklerinnen als auch für durchschnittliche Apple-Nutzer und -Nutzerinnen verständlich sind. Seine Begeisterung für die Produkte und Technologien, die er vorstellt, ist ansteckend und hat dazu beigetragen, eine treue Fangemeinde unter Apple-Enthusiasten aufzubauen.

Abseits der Bühne ist Federighi für seinen Fitnessenthusiasmus und seinen gesunden Lebensstil bekannt. Er ist ein begeisterter Skifahrer und Wanderer. Trotz seiner hohen Position bei einem der weltweit wertvollsten Unternehmen hat Federighi es – soweit man das von außen beurteilen kann – geschafft, ein relativ normales Familienleben zu führen. Er ist verheiratet und Vater von vier Kindern.

Das Ende des Skeuomorphismus

Eine Definition von Skeuomorphismus in der Software-Welt könnte so lauten: Skeuomorphismus ist eine Designtechnik, bei der digitale Elemente so gestaltet werden, dass sie reale Gegenstände, Materialien oder physische Objekte nachahmen. Das Ziel dabei ist es, durch die Verwendung vertrauter visueller Hinweise und Metaphern aus der physischen Welt die Benutzerfreundlichkeit und Intuitivität der Software zu verbessern.

Apple (und bei Weitem nicht nur Apple) hat diesen Ansatz eine ganze Zeit erfolgreich verfolgt. Mit iOS 7 kam dann aber der Anfang vom Ende des Skeuomorphismus. Natürlich findet man in Apples Software nach wie vor Beispiele dafür. Diese sind aber nicht nur dramatisch weniger geworden, sondern die, die „überlebt“ haben, sind in der Regel auch deutlich reduzierter.

Ist das nun ein Fortschritt? Wie alles hat sicherlich auch das Thema Skeuomorphismus mindestens zwei Seiten. Uns scheint es aber nicht so zu sein, dass heute nicht besonders viele Menschen dem digitalen Leder-Imitat der Kalender-App oder der Papierabrisskante in der Notizen-App nachtrauern.


Herausforderungen und Erfolge

Federighis Amtszeit bei Apple war, auch, wenn es so klingen mag, keinesfalls frei von Herausforderungen. Eine der größten war zweifellos die Übernahme der iOS-Entwicklung nach dem Abgang von Scott Forstall. iOS 7, das erste große Release unter Federighis Leitung, brachte eine radikale Neugestaltung der Benutzeroberfläche mit sich. Obwohl es anfangs kontrovers diskutiert wurde und, zumindest in seiner ersten Iteration, bei vielen auf wenig Gegenliebe stieß, legte es den Grundstein für das moderne iOS-Design.

Ein weiterer bedeutender Meilenstein war die Einführung von macOS Big Sur im Jahr 2020. Diese Version brachte nicht nur ein umfassendes Redesign des Mac-Betriebssystems, sondern markierte auch den Beginn der Transition von Intel-Prozessoren zu Apple Silicon. Federighi spielte eine Schlüsselrolle bei der Planung und Umsetzung dieser historischen Umstellung.

Unter Federighis Führung hat Apple auch bedeutende Fortschritte im Bereich der Augmented Reality (AR) gemacht. Die Einführung von ARKit, Apples Entwicklungs-Framework für AR-Anwendungen, hat neue Möglichkeiten für Developer und User eröffnet.

Blick in die Zukunft

Als eine der wichtigsten Führungskräfte bei Apple spielt Federighi eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der zukünftigen Richtung des Unternehmens. Seine Vision von einer nahtlosen Integration aller Apple-Geräte und -Dienste wird Apple noch auf Jahre weiter prägen.

Mit der Einführung des AR/VR-Headsets „Apple Vision Pro“ steht Apple vor der Herausforderung, ein völlig neues Betriebs- und Ökosystem zu entwickeln. Die ersten Versionen von visionOS sind da schon vielversprechend, haben aber ganz sicher noch jede Menge Luft nach oben. Federighis Erfahrung in der Entwicklung benutzerfreundlicher und leistungsfähiger Betriebssysteme wird dabei von unschätzbarem Wert sein.

Auch im Bereich der künstlichen Intelligenz und des maschinellen Lernens dürfte Federighi in den kommenden Jahren eine wichtige Rolle spielen. Die Integration von KI-Technologien in Apples Betriebssysteme und Dienste wird sich vermutlich zu einem Schwerpunkt seiner Arbeit sein.

Nachfolger für Tim Cook?

Gerade wegen seines Auftretens in der Öffentlichkeit und natürlich seiner zentralen Position im Apple-Kosmos galt Craig Federighi für viele – uns eingeschlossen – als fast schon sicherer Nachfolger für Tim Cook. Das ist allerdings auch schon wieder ein paar Jahre her und inzwischen ist auch Craig Federighi, geboren 1969, etwas in die Jahre gekommen. Zwar hat er augenscheinlich nichts von seinem Tatendrang und Esprit eingebüßt, aber wenn Tim Cook dereinst abdankt, wird Craig Federighi auf Ende 50 zugehen und langsam selbst an die Rente denken wollen. Er hat dann zwar immer noch an die 20 Jahre Zeit, sich um die US-Präsidentschaft zu bewerben – die Leitung eines der wertvollsten und wichtigsten Software-Unternehmen sollte dann aber vielleicht in jüngere Hände übergehen. Tim Cook war bei seinem Dienstantritt als Full-Time-CEO bei Apple beispielsweise erst 51 Jahre alt.

Craig Federighi hat sich von einem talentierten Softwareentwickler zu einer der einflussreichsten Persönlichkeiten in der Technologiebranche entwickelt. Seine Fähigkeit, komplexe technische Konzepte in benutzerfreundliche Produkte zu übersetzen, hat maßgeblich zum Erfolg Apples in den vergangenen 15 Jahren beigetragen.

Federighis Einfluss auf Apples Softwarestrategie ist unbestreitbar. Unter seiner Führung hat Apple nicht nur seine Betriebssysteme kontinuierlich verbessert, sondern auch neue Technologien integriert. Seine Vision einer nahtlosen Integration aller Apple-Geräte und -Dienste hat das Benutzererlebnis für Millionen von Menschen weltweit verbessert – und Apple sicherlich Milliarden beschert.

Doch vielleicht noch wichtiger als seine technischen Erfolge ist Federighis Rolle als Botschafter für Apple. Seine charismatischen Auftritte bei Apple-Events haben ihn zu einem Liebling der Apple-Community gemacht und dazu beigetragen, komplexe technische Innovationen einem breiten Publikum zugänglich zu machen.

Während Apple in neue Technologiebereiche vorstößt und sich den Herausforderungen einer sich schnell verändernden digitalen Landschaft stellt, wird Craig Federighi zweifellos weiterhin eine Schlüsselrolle spielen. Seine Kombination aus technischem Know-how, visionärem Denken und der Fähigkeit, Menschen zu inspirieren, macht ihn zu einer unverzichtbaren Kraft in Apples Führungsteam.

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