E-Ink statt Liquid Retina

Boox Note Air4 C im Test: Das etwas andere Tablet

Das iPad dominiert. Doch zum Lesen und für Notizen ist E-Ink unschlagbar. Das Boox Note Air 4C will mit Farbdisplay und Android punkten. Ein würdiger Konkurrent für Apples Alleskönner? Wir haben es getestet.

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Nimmt man das Note Air 4C in die Hand, fühlt es sich sofort hochwertig an. Das Gehäuse aus Aluminiumlegierung ist mit 5,8 Millimeter angenehm dünn und mit 420 Gramm leichter als ein iPad Air. Der breitere linke Rand ist ergonomisch durchdacht und ermöglicht einen sicheren Halt, ähnlich wie beim Kindle Oasis.

Das etwas andere Display

Herzstück ist das 10,3-Zoll-Farb-E-Ink-Display. Boox verbaut hier ein Kaleido-3-Panel, das eine Farbschicht über einem traditionellen E-Ink-Display nutzt. Und hier müssen wir sofort die Erwartungen aus der Apple-Welt justieren: Dies ist kein Retina-Display. Statt leuchtender Farben liefert der Schirm 4.096 eher gedämpfte, pastellartige Töne. Man könnte den Look als „farbige Zeitung“ beschreiben. Für Comics, Zeitschriften oder PDF-Markierungen ist das ein Gewinn, für Medienkonsum im Stile eines iPad ungeeignet. Die Auflösung ist im Schwarz-Weiß-Modus mit 300 ppi gestochen scharf, im Farbmodus fällt sie sichtbar auf 150 ppi ab.

Der Pro-Pencil hat auf der Rückseite ein Radiergummi.
Der Pro-Pencil hat auf der Rückseite ein Radiergummi. (Bild: Boox)

Technologiebedingt ist das Kaleido 3-Display ohne Beleuchtung sehr dunkel. Das Frontlicht ist daher essenziell. Hier zeigt sich die größte Stärke des 4C gegenüber seinem Vorgänger: Die Beleuchtung ist signifikant (bis zu 50 Prozent) heller und gleichmäßiger. Auch die Farbtemperatur lässt sich stufenlos regeln. Wer ein iPad mit 120-Hertz-ProMotion gewohnt ist, wird beim Note Air 4C einen Kulturschock erleben. E-Ink „refresht“ seitenweise. Dank der „Boox Super Refresh“ (BSR) Technologie kann man zwar durch Modi wie „Ultraschnell“ sogar Videos abspielen , das Ergebnis ist jedoch ein flimmerndes, artefaktbelastetes Erlebnis.

Das Android-Ökosystem: Segen und Fluch

Der größte Unterschied zu geschlossenen Systemen wie Remarkable oder Kindle ist das Betriebssystem. Das Note Air 4C läuft mit Android 13 und hat damit vollen Zugriff auf den Google Play Store. Das ist die Superkraft des Geräts. Sie sind nicht an einen hauseigenen Store gebunden, sondern können die Kindle-App, Onleihe, Libby oder diverse Nachrichten-Apps installieren.

Doch diese Offenheit hat ihren Preis. Wo bei Apple alles „einfach funktioniert“, erfordert das Boox-Gerät Einarbeitung. Um Ghosting zu minimieren oder die Geschwindigkeit anzupassen, muss für jede App manuell der passende Refresh-Modus gefunden werden. Unter der Haube sorgt ein Snapdragon 690 und 6 GB RAM für flüssige Bedienung – jedenfalls für E-Ink-Verhältnisse. Auch die Akkulaufzeit, ein Schwachpunkt des Vorgängers, wurde drastisch verbessert. Wo das 3C schnell schlappmachte, hält das 4C bei normaler Lese- und Notiznutzung tagelang durch.

Das Schreibgefühl auf der angerauten Oberfläche ist dem des Apple Pencil auf dem glatten Glas eines iPad überlegen.
Das Schreibgefühl auf der angerauten Oberfläche ist dem des Apple Pencil auf dem glatten Glas eines iPad überlegen. (Bild: Boox)

Das „Apple Pencil“-Erlebnis auf E-Ink?

Kommen wir zur Paradedisziplin: dem Schreiben. Das Gefühl ist fantastisch und dem iPad-Erlebnis (Schreiben auf Glas) weit überlegen. Eine vorinstallierte Folie sorgt für eine raue, papierähnliche Haptik. Der  beiliegende Stylus arbeitet mit 4.096 Druckstufen, und die Latenz ist mit 17 Millisekunden praktisch verzögerungsfrei.

Während das Schreibgefühl die Remarkable-Tablets herausfordert, ist die Software-Implementierung gemischt. Die native Notiz-App ist ein mächtiges Werkzeug: Sie bietet Ebenen, eine Formenerkennung, Handschrifterkennung für 72 Sprachen und sogar Audioaufnahmen. Neu in OS 4 ist die Fähigkeit, PDFs mit Hyperlinks (beispielsweise digitale Planer) als Vorlagen zu importieren, ohne die Links zu verlieren.

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Es gibt jedoch auch Schwächen: Die Handballenerkennung (Palm Rejection) ist nicht unfehlbar. Manche Kernfunktionen, wie das Setzen von internen Links, sind umständlich. Der mitgelieferte Standard-Stift fühlt sich zudem etwas billig an und besitzt keinen Radierer – den gibt es nur beim optionalen Pen 2 Pro.

Fazit

Das Note Air 4C ist das Schweizer Taschen-messer unter den E-Ink-Tablets. Es ist ein augenschonendes Lesegerät und ein Notizblock für Power-User, die blasse Farben und die Komplexität von Android nicht abschreckt.

Testergebnis
ProduktnameNote Air4 C
HerstellerBoox
Preis550 €
Webseite www.boox.com
Pro
  • exzellentes Schreibgefühl
  • hochwertige Verarbeitung
  • Google Play Store
  • lange Akkulaufzeit
Contra
  • dunkel ohne Hintergrundbeleuchtung
  • mäßiger Standard-Stift
  • etwas träge
Bewertung
1,8gut