Nachwuchs im Silicon Valley: Wenn Tech-Chefs Eltern werden

Marissa Mayer, Elternzeit in den USA

Marissa Mayer

Mayer bestimmte das Design der Google-Hauptseite.
Mayer bestimmte das Design der Google-Hauptseite. (Bild: Max Morse/Techrunch)

Noch schwieriger hat es jedoch Yahoos Chefin Marissa Mayer, die Öffentlichkeit von sich zu überzeugen. Denn sie hat eine viel kompliziertere Ausgangslage als Zuckerberg und muss sich viel mehr um das tägliche Geschäft ihres Unternehmens kümmern, während Facebooks COO Sheryl Sandberg vieler dieser Aufgaben abnimmt.

Yahoo steckt zudem seit langem in der Krise und Marissa Meyer ist es bisher nicht gelungen, das Unternehmen wieder auf Erfolgskurs zu bringen. Im vergangenen Jahr sind 14 Prozent der Yahoo-Belegschaft abgebaut worden, in diesem Jahr könnten Medienberichten zufolge weitere 10 Prozent der aktuellen Belegschaft folgen. Es ist die Rede von großen Differenzen zwischen Mayer und einigen Yahoo-Investoren über die künftige Strategie.

Und auch die Yahoo-Mitarbeiter scheinen mit ihrer Chefin einfach nicht warm zu werden. Sie wirkt verschlossener als Zuckerberg und gibt nicht viel von sich preis. Dies wäre nicht ausschlaggebend, wenn sich die Berichte über Entscheidungen Mayers, die für die Belegschaft nicht nachvollziehbar sind, nicht häufen würden. Kurz vor der Fertigstellung der Mail-App vor einiger Zeit hatte Yahoos Chefin entschieden, die Farbe von Blau auf Lila zu ändern – was Nachtschichten für das zuständige Team zur Folge hatte. Bei einer anderen Gelegenheit las sie ihren Mitarbeitern eine Geschichte aus einem Kinderbuch vor, in der ein Junge überlegt, wofür er sein Taschengeld ausgibt. Keiner der anwesenden Mitarbeiter soll damals verstanden haben, was die Moral der Geschichte sei. Intern gelte dies als Parabel für den tiefen Graben zwischen Mayer und ihren Angestellten.

Und auch wenn man meinen könnte, Mayer könnte mit ihrer Schwangerschaft bei ihren Angestellten punkten, trifft dies leider nicht zu. Zwar hatte die Yahoo-Chefin die bezahlte Elternzeit auf acht Wochen für jeden erhöht, der ein Kind erwartet und weitere acht Wochen für die frischegebackenen Mütter. Dieses Angebot ist zwar im Vergleich für amerikanische Arbeitgeber gut, doch angesichts der Tatsache, dass Mayer nach der Geburt ihrer Zwillinge nur eine sehr kurze Auszeit plante, werden sich vor allem die weiblichen Angestellten schwer tun, dieses Angebot anzunehmen. Aus Angst, Schwäche zu zeigen und wohl auch aus Angst um ihren Job. In einem anderen Licht erscheint zudem Mayers Versuch, die Arbeitseffizienz ihrer Angestellten zu erhöhen, indem sie die Arbeit im Home Office verbot. Besonders für Eltern mit frisch geborenen Kindern wäre die Arbeit im eigenen Zuhause eine gute Möglichkeit, das Arbeitspensum nach und nach hochzuschrauben und sich daneben an das Elternsein zu gewöhnen. Zudem hatte sich Mayer nach ihrer ersten Schwangerschaft ein Kinderzimmer neben ihrem Chefbüro errichten lassen. Ein Widerspruch in sich.

Marissa Ann Mayer

Geboren: 30. Mai 1975 in Wausau, Wisconsin
1997: Bachelor of Science („symbolics systems“), Stanford University
1999: Master of Science („computer science“)Standford University
1999 – 2012: war die 20. Mitarbeiterin bei Google, arbeitete als Technikerin
seit 2012: CEO von Yahoo!

Elternzeit in den USA

Doch der Ursprung für dieses Messen mit zweierlei Maß liegt noch viel tiefer, nämlich im US-amerikanischen Sozialsystem. In einem Land, in dem der Großteil der Bevölkerung über den Arbeitgeber krankenversichert sind (Schätzungsweise rund 55 Prozent), konnte bisher auch nicht durchgesetzt werden, das FMLA-Gesetz („Family and Leave Act“) dahingehend zu aktualisieren, dass man während der Elternzeit noch einen Teil des Gehaltes erhält. Aktuell hat man als Amerikaner zwar das Recht, sich für eine Dauer von 12 Arbeitswochen innerhalb von 12 Monaten unter Erfüllung bestimmter familiärer und medizinischer Konditionen Urlaub zu nehmen – jedoch unbezahlt. Einen gesetzlichen Mutterschutz gibt es nicht. Daher kehrt eine von vier berufstätigen Müttern in den USA innerhalb von zwei Wochen nach der Geburt zur Arbeit zurück. Facebooks Entscheidung, seinen Vollzeitangestellten vier Monate bezahlte Elternzeit zu erlauben (auch den Vätern) ist daher mehr als ungewöhnlich. Vielleicht verbirgt sich dahinter nicht nur der Gedanke, sich in den Medien positiv aufstellen zu wollen, sondern auch, qualifizierte Arbeitskräfte im Unternehmen zu halten.

Der Streaming-Dienst Netflix hatte im vergangenen Jahr angekündigt, seinen Mitarbeitern ein Jahr lang bezahlte Elternzeit zu ermöglichen. Sie sollen bis zu zwölf Monate nach der Geburt oder Adoption so lange Hause bleiben können, wie sie wollen. Die zuständige Netflix-Managerin gab dabei zu, dass der fortgesetzte Erfolg des Unternehmens davon abhänge, dass man die talentiertesten Individuen einstellen und halten wolle. Ein Gedanke, den sich so manch anderes Unternehmen in den USA zu Herzen nehmen sollte. 

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