DAW mit verschiedenen Produktionsansätzen

Test: Cakewalk Sonar X1

Seit ihrem Erscheinen ist Sonar vom Mauerblümchen zu einer festen Größe in der DAW-Welt avanciert. Die neue Version X1 soll diesen Status festigen und bläst zum Angriff auf die Platzhirsche. Ein gelungenes Scharmützel?

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Wirkte Cakewalks Sonar in der ersten Version noch recht behäbig, konnte die Software in den letzten Jahren zunehmend Boden zur Konkurrenz gutmachen. Die Featureliste wurde stetig erweitert und auch in puncto Kompatibilität lernte der junge Sequenzer viel hinzu. Dennoch bleibt er bei der Kundenwahl oft unberücksichtigt, denn das alte Image haftet nach wie vor an. Nun soll die Vergangenheit abgeschüttelt werden, mit modernen Elementen im Namen und Erscheinungsbild. Wie aber sieht es unter der Haube aus? Begegnet die Software endlich den angestammten DAW-Boliden auf Augenhöhe?

Ein Blick genügt

Sonar X1 ist in drei Versionen namens Essential, Studio und Producer erhältlich. Während Essential auf Einsteiger abzielt, richten sich Studio und Producer an fortgeschrittene Heimproduzenten und professionelle Studios. Optisch präsentieren sich alle Versionen ähnlich. Aufgeräumt und einladend wirkt die Oberfläche, ohne übertrieben bunt zu sein. Das neue Bedienkonzept namens „Skylight User Interface“ macht sich bereits in den ersten Minuten bemerkbar. Dieses ist auf hohe Performance und größtmöglichen Bedienkomfort optimiert, ohne Abstriche beim Funktionsumfang zu machen. In der Praxis wird dies durch das Multidock-System realisiert, das einer Fenster-in-Fenster-Funktion entspricht, ähnlich der Darstellung in Logic. Mit einem Klick lässt sich zwischen verschiedenen Editoren umschalten, alternativ können diese aber auch in separaten Fenstern beziehungsweise auf einem zweiten Bildschirm dargestellt werden.

Zusätzliche Screensets erlauben per Tastendruck, verschiedene Fensterkombinationen aufzurufen. Der ebenfalls neu gestaltete Inspector dient der Darstellung kanalspezifischer Daten inklusive MIDI-Funktionen wie Arpeggiator. Eine frei konfigurierbare Transportsektion gibt weitere Hilfestellung. Der Browser ist das Zentrum von Sonar X1. Von hier aus können Audio- und MIDI-Daten, virtuelle Instrumente oder Effekte per Drag-&-Drop bequem in den Arbeitsbereich gezogen werden. Selbst ganze Projekte lassen sich mit wenigen Mausbewegungen zusammenlegen, was speziell der Zusammenarbeit verschiedener Musiker und Studios zugute kommt. Auch die Werkzeugauswahl wurde zeitgemäß überarbeitet. So bietet X1 mit weniger Werkzeugen mehr Funktionen, die sich dank intelligenter Umschaltung automatisch an die jeweilige Arbeitssituation anpassen.

Auch die Shortcuts wurden mit der neuen Version auf einen aktuellen, ergonomischen Stand gebracht. Für die schnelle Erstellung von Spuren und Projekten sind zusätzlich Templates für verschiedene Anwendungen verfügbar, eigene Presets können ebenso verwaltet werden. In der Praxis stellt sich der Arbeitsfluss in X1 als äußerst flexibel dar. Zwar wirken manche Menüs auf den ersten Blick ein wenig verwirrend, nach kurzer Einarbeitung dürften DAW-gewohnte Anwender aber auch ohne Handbuch kaum auf Probleme stoßen. Neben Multidock und Screensets weiß besonders die Bedienung mit der überarbeiteten Werkzeugauswahl zu überzeugen. Die üppigen Drag-&-Drop-Funktionen tun ihr Übriges, Fragen und Missverständnisse im Keim zu ersticken.

Logisch und Live

Hat die Oberfläche von Sonar X1 bis zu diesem Zeitpunkt noch wie ein klassischer Sequenzer nach Vorbild von Logic oder Cubase gewirkt, wird mit der Matrix-Ansicht nun ein anderes Kapitel aufgeschlagen. Dieses Fenster stellt MIDI- und Audiodateien in Clips dar, was nicht von ungefähr an einen anderen berühmten Sequenzer erinnert: Ableton Live. Hier kann dann auch ähnlich dem Vorbild gejammt werden, wobei der Funktionsumfang allerdings nicht an das Berliner Original heranreicht. Gleichwohl ist der erste Auftritt mit dem Gebotenen schnell organisiert. Für die richtige Kontrolle sorgt die ebenfalls neue Active-Controller-Technologie, die der intuitiven Einbindung externer Controllern dient. Das kurz ACT genannte System kann hierbei nicht nur für Plug-ins, sondern auch die Sonar-Oberfläche verwendet werden.

Hört, hört!

In Sachen Audiobearbeitung hat sich bei Sonar X1 ebenfalls einiges getan. Neben dem heute schon als Standard vorausgesetzten Timestretching besitzt die DAW mit AudioSnap 2.0 weitere Funktionen, die das taktgenaue Anpassen von Audiomaterial erleichtern. Zusätzlich steht mit Comping eine Schnittfunktion bereit, die aus mehreren Takes leicht die perfekte Aufnahme zusammenfügen lässt. Für noch mehr Qualität, speziell von Sprachaufnahmen, sorgt Rolands V-Vocal-Software. Diese passt Gesang in Tonhöhe und Zeitverlauf an, sodass auch das letzte Wort noch voll im Takt liegt.

In der Praxis wussten sämtliche Audiofunktionen – sowohl qualitativ als auch in Sachen Bedienung – voll zu überzeugen. Timestretching-, Audiosnap- und Compingfunktionen liegen auf der Höhe der Zeit und erleichtern den Arbeitsalltag erheblich. V-Vocal rundet das Gesamtbild schließlich ab. Im Bereich MIDI sind neben kleinen Hilfswerkzeugen ein neuer Arpeggiator und ein Step-Sequenzer zu vermelden. Speziell Letzterer entpuppte sich im Test als weiteres Highlight, da er sowohl für perkussives als auch melodisches Material eingesetzt und mit automatischen Variationen sowie Flam, Swing und Time-Offset-Funktionen für eine ganze Menge Feeling sorgen kann.

Geschüttelt oder gerührt?

Kaum ein Bereich wurde in Sonar X1 so facettenreich erweitert wie der des Mischens. Das Mischpult wurde komplett überarbeitet und bietet mit 64-Bit-Double-Precision-Floating-Point-Engine eine erstklassige Grundlage für hochwertige Mixe. Jeder Kanal verfügt über Kompressor, Equalizer und Sättigungsstufe, die in ihrer Reihenfolge frei editierbar sind. Zur Kompression steht ein Channel-Modell, genannt PC76 U-Type zur Verfügung, für Submixe und Summenkompression ist zudem das Modell PC4K S-Type mit an Bord. Der Gloss-EQ ist mit vier vollparametrischen Bändern ausgestattet, die in ihrem Klangcharakter zwischen pur, modern und vintage gewechselt werden können. Die simulierte Röhrensättigung dickt Signale schließlich gekonnt an.

Zusätzlich erweitert werden die Möglichkeiten durch drei spezialisierte Channelstrip-Effekte. Während der PX-64 der Anfettung von Schlagzeugspuren dient, widmet sich der VX-64 ganz dem Thema Gesangsaufnahmen. Der VC-64 schließlich ist ein Vintagekanalzug, der Signalen einen altehrwürdigen Sound aufprägen kann. Ein zusätzliches Panorama-Werkzeug inklusive Correction-Suite dient Gain- und Stereo-Einstellungen sowie dem M/S-Decoding. Für die Einbindung externer Instrumente und Outboardequipments stehen weitere Werkzeuge bereit, um durch die A-D/D-A-Wandlung entstandene Verzögerungen auszugleichen.

Veredelung

Den Funktionsumfang endgültig auf die Spitze treibend, sind auch zwei auf Mastering spezialisierte Effekte mit von der Partie, der LP64 EQ sowie LP 64 Kompressor. Beide arbeiten mit Linear-Phase-Technologie und achten somit speziell auf die Phasentreue des Signals. Weiterhin stehen mit TL64 Tube Leveler und TS64 Transient Shaper Werkzeuge bereit, Produktionen durch zusätzliche Obertöne oder Sättigung mehr Glanz aufzuprägen. Der Boost 11 Peak Limiter kann schließlich eingesetzt werden, um letzten Pegelspitzen Einhalt zu gebieten.

Im Test konnten sowohl die Mix- als auch Masteringeffekte durchaus überzeugen. Mit guten bis hervorragenden Ergebnissen erleichtern sie speziell Einsteigern und Low-Budget-Produktionen das Leben ganz enorm. Besonders hervorzuheben ist hier der Gloss-EQ, der mit Präzision und Vielseitigkeit auftrumpft und sicher auch in den höchsten Rängen der Tontechniker nicht ungelobt bleiben wird. Ein weiteres Highlight sind die spezialisierten Channelstrips, die nicht nur Qualitäten in Sachen Nachbearbeitung, sondern auch bei tiefgehendem Sounddesign beweisen. Lediglich die Röhrensättigung konnte subjektiv nicht ganz überzeugen. Zwar können Signale schön angedickt oder auch verzerrt werden, wirkliches Röhrenfeeling kam bei der Verwendung allerdings nicht auf.

Ferner liefen

Neben allen bisher beschriebenen Plug-ins und Werkzeugen bietet Sonar X1 eine Vielzahl weitere Modulations-, Outboard-, Hall-, Pitch- und Verzerrer-Plug-ins, deren genaue Beschreibung den Rahmen dieses Artikels sprengen würde. Auch eine ganze Reihe an Klangerzeugern sind mit an Bord, von denen an dieser Stelle nur Einige kurz beleuchtet werden sollen: Zunächst ist die Synth-/ Sampler-Kombination Dimension Pro zu nennen, die mit nicht weniger als 7 GB Samples und über 1500 Presets den sofortigen Start der ersten Produktion ermöglicht.

Mit True Pianos Amber ist zudem eine Reihe an Physical-Modeling-Pianos enthalten, die dank ihrer Syntheseform sehr nuancenreiches Spiel ermöglichen. Session Drummer 3 gibt mit über zwanzig Samplekits und einer reichen Auswahl vorgefertigter Pattern schließlich den Takt für musikalische Werke an.

Publish!

Zu guter Letzt wird mit dem neuen Sonar X1 auch die Software Cakewalk Publisher ausgeliefert, welche direkten Online-Veröffentlichungen dient. Mit ihr kann die eigene Musik ohne Umwege im Internet veröffentlich werden, womit X1 endgültig als Rundum-sorglos-Paket beschrieben werden kann. Bleibt als minimaler Kritikpunkt höchstens die Systembelastung, die ob der Flut an Features einen halbwegs aktuellen Rechner zur Pflicht macht. Dieser CPU-Hunger ist bei anderen aktuellen Sequenzern aber ebenfalls zu vermelden, daher eine Top-Bewertung für ein Top-Programm!

Fazit

Mit Sonar X1 hat Cakewalk eine extrem vielseitige Produktionsumgebung geschaffen, an der sich viele Konkurrenten ein Beispiel nehmen können. Verschiedene Ansätze wurden hier zu einem runden Paket zusammengeführt, mit dem Einsteigern wie auch Profis eine solide Grundlage für kreative Arbeit geboten wird.

Testergebnis
ProduktnameSonar X1
HerstellerCakewalk
Preis463 €
Webseitecakewalkmusik.de
Pro
  • übersichtliches, leicht bedienbares Interface
  • viele Optionen zur Audiobearbeitung
  • Matrixview für Jamsessions
  • erstklassiger Mixer
  • spezialisierte Kanalzüge
  • exzellente Masteringmöglichkeiten
  • große Synth- und Effektauswahl
  • Cakewalk Publisher
Bewertung
1sehr gut

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