iPhone-Roboter mit Charme

Anki Cozmo im Test: Mehr als nur ein Spielzeug?

Egal ob R2-D2, Nummer 5 oder Wall-E: Seit Jahrzehnten begeistert beseeltes Blech das kleine und große Kinopublikum. Mit Cozmo von Anki kann man sich nun seinen persönlichen Blechkameraden nach Hause holen.

Von   Uhr

Bereits mit der Smartphone-Rennbahn Overdrive bewies Anki, ein Start-up mit Sitz im Silicon Valley, dass KI und Robotik modernes Spielzeug zu bereichern vermögen. Mit dem in etwa faustgroßen Roboter Cozmo geht man noch einen Schritt weiter und versucht lebloser Elektronik eine Seele einzuhauchen – ein interdisziplinärer Zaubertrick, der erstaunlich gut funktioniert.

Kaum ausgepackt, lässt es sich mit dem putzigen Kerlchen auch schon loslegen. Zumindest fast, denn Cozmos „Hirn“ ist eine App – ohne ein kompatibles Gerät wie etwa ein iPhone, iPad und iPod touch ab iOS 9 geht nichts. Die Verbindung zwischen Cozmo und Smartphone beziehungsweise Tablet wird etwas umständlich mithilfe des Cozmo-eigenen WLAN hergestellt. Dessen Passwort wird beim ersten Start des Roboters auf seinem als Gesicht dienenden Display angezeigt. Erst wenn die WLAN-Verbindung steht, funktioniert auch die Verknüpfung zwischen App und Cozmo. Und erst dann öffnen sich seine Kulleraugen zum ersten Mal. Mit den sogenannten Power Cubes, drei rundum mit mehrfarbigen LEDs und Sensoren versehene Plastikwürfel, bringt Cozmo auch gleich sein eigenes Spielzeug mit. Diese dienen ihm nicht nur zur Unterhaltung, sondern auch der Interaktion zwischen Mensch und Roboterspielzeug.

Cozmo in seinem Element. Ohne App geht allerdings nichts, sie stellt quasi das Hirn des Roboterspielzeugs dar.
Cozmo in seinem Element. Ohne App geht allerdings nichts, sie stellt quasi das Hirn des Roboterspielzeugs dar. (Bild: Stefan Molz)

Verspielter Herzensbrecher

Cozmo erkundet bereits kurz nach dem ersten Augenblinzeln auf eigene Faust seine Umgebung. So interagiert er etwa ohne weiteres Zutun mit den Power Cubes, hebt diese auf, stapelt sie und schmeißt sie mitunter auch einfach mal misslaunig um – immer kommentiert durch wechselnde Mimik und passende Laute. Auch hält er gern mal für einen Moment inne und pfeift – mal besser, mal schlechter – ein kleines Liedchen. Darüber hinaus vermag Cozmo dank seiner integrierten Kamera Gesichter zu sehen, zu erkennen und auch zu unterscheiden. Den Kopf nach oben geneigt und mit schmachtendem Blick den Namen der erkannten Person von sich gebend, sorgt er dabei für viele „Ahhs!“ und „Ohhs!“ aus dem staunendem Publikum.

Am meisten Spaß hat Cozmo aber am Spielen. Insgesamt drei Spiele, einige davon in verschiedenen Varianten, bietet einem die clevere Machine an:

„Hau mich!“ ist ein einfacher Reaktionstest, der mit zwei der drei Würfel gespielt wird. Um zu punkten, gilt es, möglichst schnell auf den eigenen Cube zu tippen, wenn beide Würfel das gleiche Farbmuster anzeigen – aber Vorsicht: Cozmo ist fix (und verliert nicht gern)!

• Auch in „Fang mich!“ geht es um möglichst schnelle Reaktion. Hier muss schlicht ein einzelner Power Cube auf den Roboter zugeschoben werden: Zieht man diesen weg, bevor Cozmo mit seinem Gabelstapler-Arm danach schnappt, gewinnt man einen Punkt. Ist man zu langsam, freut sich hingegen Cozmo diebisch über den Punkt.

„Erinner dich!“ ist eine Variante des Elektronikspielzeugs „Senso“, bei der es sich immer komplexer werdende Farb- und Tonmuster zu merken gilt. Abwechselnd mit Cozmo ist das Muster durch Antippen der Würfelchen zu wiederholen. Wer hierbei zu oft patzt, verliert.

Ergänzend dazu finden sich noch zwei einfache Minispiele in der App, die laut Anki dazu dienen, die „Bedürfnisse“ Cozmos jenseits seines virtuellen Spieltriebs zu befriedigen. Beim „Tuning“ geht es darum, wiederholt einfache Zeichenfolgen zum vermeintlichen Optimieren von Antrieb und Co.  einzugeben. Beim „Füttern“ hingegen muss Cozmo ein durch leichtes Schütteln aktivierter Power Cube als virtuelle Nahrung dargeboten werden. Spielerisch ohne Nährwert, beeinflussen diese Minispiele aber tatsächlich die Stimmung des kleinen Rackers: Hungrig und ohne Tuning hat Cozmo gern mal miese Laune.

Die drei Power Cubs sind Cozmos Lieblingsspielzeug.
Die drei Power Cubs sind Cozmos Lieblingsspielzeug. (Bild: Stefan Molz)

Geduld ist (k)eine Tugend

Wer nicht darauf warten will, dass Cozmo einem von sich aus ein bestimmtes Spiel anbietet oder eine bestimmte Aktion zum Besten gibt, kann diese auch manuell abrufen. Hierfür müssen sogenannte Sparks gezahlt werden, eine In-Game-Währung, die man durch beständige Beschäftigung mit dem Roboter verdient. Überhaupt wird regelmäßiges Spielen belohnt: Neben Sparks locken nämlich auch zusätzliche Interaktionsmöglichkeiten mit dem Roboter, die sich durch das Sammeln von Bonusboxen freischalten lassen – nach drei Tagen Spielen in Folge wurden wir beispielsweise per „Ghetto-Faust“ begrüßt. Wer mag, kann dem Droiden sogar eigene Worte in den Mund legen: Eigene Sätze lassen sich mithilfe der Bildschirmtastatur getippt wiedergeben, zumindest so sie nicht länger als 30 Zeichen sind – und ja, Cozmo hat einen eingebauten Schimpfwortfilter.

Wer selbst die Kontrolle über das intelligente Raupenfahrzeug übernehmen möchte, wechselt in den Erkundungsmodus. Dort wird die App zur Fernbedienung: Man sieht die Welt dabei als Live-Video-Feed aus Cozmos Perspektive. Gelenkt wird über ein Neigen des Smartphones oder Tablets. Alle anderen Funktionen, etwa Gas geben oder das Heben und Senken des Stapler-Arms, lassen sich mithilfe von Fadern und Tasten auf dem Bildschirm auslösen.

(Bild: Stefan Molz)

Anspruchsvoller wird es im „Code Lab“. Mit Code Lab bietet die App Programmieranfängern die Möglichkeit, einfache Abläufe, etwa das Abfahren einer vordefinierten Strecke, durch das Aneinanderreihen von Programmierbausteinen durch schlichtes Drag-and-Drop zu erstellen – so einfach und verständlich, dass auch jüngere Kinder ihren Spaß dabei haben. Deutlich weiter reichen hingegen die Möglichkeiten, die einem Anki mit dem Cozmo SDK an die Hand gibt. Mit diesem separat auf dem Mac (oder anderen Systemen) zu installierenden Entwicklerwerkzeug lassen sich eigene Anwendungen für Cozmo schreiben. Unter den ersten Anwendungen aus Anwenderhand findet sich etwa ein Variante des Brettspiels „Make 'N' Break“ und eine mittels der Power Cubes steuerbare Umsetzung des Shooters Doom, bei der Cozmos Gesicht mit seinen 128 x 64 Bildpunkten als Bildschirm für die monochrome Spielegrafik dient.

Nicht ganz ohne Macken

Cozmo ist ein erstaunliches Stück Technik, aber nicht ohne Fehler. Wo der Tisch als verwendete Spielfläche aufhört, erkennt Cozmo beispielsweise nur bedingt; bei uns stürzte sich der Kleine wiederholt den Tod verachtend in den Abgrund – gut, dass sich das Spielzeug im Test als solide gebaut erwiesen hat und solche Fehltritte gut wegsteckt. Beim tagtäglichen Spiel mit Cozmo stört zudem, dass der Roboter über keinen Ein-/Ausschalter verfügt. Nur direkt aus der Ladestation entnommen lassen sich Smartphone und Roboter koppeln, wozu jedes Mal händisch aus dem aktuell verwendeten WLAN in das Cozmo-eigene Netzwerk gewechselt werden muss. Das nervt.

(Bild: Stefan Molz)

Das monochrome Display dient nicht nur als Gesicht, sondern verrät auch das WLAN-Kennwort zum Cozmo-eigenen Netz.
Das monochrome Display dient nicht nur als Gesicht, sondern verrät auch das WLAN-Kennwort zum Cozmo-eigenen Netz. (Bild: Stefan Molz)

Gut gefällt hingegen, dass der leider fest eingebaute und nicht austauschbare Akku deutlich über eine Stunde hält und in der mitgelieferten USB-Ladeschale (der Roboter kommt ohne Netzteil) minutenschnell zu laden ist. Die drei Würfel hingegen werden von je einer Batterie des Typs LR-1 mit Strom versorgt, sie sollen 20 Spielstunden lang halten. Einer Randnotiz wert ist es zudem, dass die Cozmo-App den Akku des iPhone schnell leert und zwingend im Vordergrund laufen muss.

Spielen – und lernen

Cozmo bereitet Freude, bringt Groß und Klein zum Lachen und macht schlicht Spaß. Die anfangs unterhaltsamen kleinen Spielchen mit dem charmanten Roboterkumpel werden auf Dauer allerdings aller lustigen Animationen und putzigen Verhaltensweisen zum Trotz langweilig. Echte Künstliche Intelligenz suchten wir zudem vergebens, das Freischalten neuer Spielvarianten und weiterer Gesichtsanimationen lässt sich nur schwerlich als „Lernen“ bezeichnen und auf Sprachbefehle reagiert Cozmo nicht. Um als Spielzeug langfristig zu motivieren, muss mithilfe von Updates für Nachschub an Tricks und Spielen gesorgt werden.

Das hat auch Anki erkannt und seit dem Verkaufsstart Cozmos in den USA im Oktober 2016 einiges an Funktionalität nachgereicht. Aber es steckt mehr als nur Spielerei in Cozmo. Zumindest so man gewillt ist, sich mit der Programmierung des Roboters mithilfe des Code Lab und vor allem des SDKs zu beschäftigen. Dann nämlich wird der kleine Roboter zur einer verhältnismäßig günstigen und leicht zugänglichen Plattformen zum Erlernen von Robotik und Programmierung.

So oder so: Wir in der Redaktion sind um einen Freund reicher!

Testergebnis
ProduktnameCozmo
HerstellerAnki
Preis229,99 €
Webseitewww.anki.com
Pro
  • erweckt den Eindruck einer Persönlichkeit, spaßige Spiele, stabil gebaut, programmierbar
Contra
  • begrenzte Auswahl an Spielen, umständliche Verbindung über eigenes WLAN, kein Power-Button
SystemvoraussetzungeniPhone, iPad oder iPod touch an iOS 9 (oder Amazon- bzw. Kindle Fire-Gerät)
Bewertung
2,3gut

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