Kassian Alexander Goukassian über den neuen Mac mini

Abschied von der süßen Verlockung

Als Apple Anfang 2005 erstmals den Mac mini vorstellte, einen Mac für die Westentasche ebenso geeignet wie für den schmalen Geldbeutel, war das Aufsehen groß. Tonnenweise gingen die Winzlinge über die Ladentheke und dienten neben dem iPod der Katalyse abtrünniger Windows-Anwender.

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Das Erfolgsrezept lag in der Preisgestaltung: Mit nur 499 Euro sollte der Mac mini die magische Grenze von fünfhundert Euro unterschreiten und als salonfähiges Zweitgerät Einzug in die Heime der PC-Anwender finden. Der Erfolg gab Apple Recht, selbst in der Mac Life Redaktion verspürten wir ein erhöhtes Supportbedürfnis gänzlich neuer Apple-Anwender. Einen ersten kleinen Einbruch erlebte das Phänomen Mac mini, als der Preis im Juli rohstoffbedingt – so Apple – auf deutlich über 500 Euro angehoben werden musste.  

Der für Januar bereits erwartete Nachfolger mit Intel-Prozessor erblickte nun endlich das Licht der Welt. Doch er vermochte nicht wirklich vom Hocker zu hauen. In zwei Versionen mit einer Taktrate von 1.66 GHZ und jeweils einem Single- sowie einem Core-Duo-Prozessor soll der neue Mac mini laut Apple 4.7 bis 5.5 Mal schneller sein als sein kleinster Vorgänger. Anstelle einer veralteten 32 MByte ATI-Radeon 9200 Grafikkarte sorgt nun ein integrierter Grafikprozssor mit 64 MByte Shared-Memory für Auflösungen in HD-Qualität; seinen Speicher bezieht er also vom stets knappen RAM-Speicher des Mac. Ein schnellerer Systembus, vier statt der bisher zwei USB 2 Anschlüsse, eine größere 60 GByte-Festplatte, die integrierte Bluetooth-Funktionalität sowie ein Gigabit-Netzwerk machen den Einsteiger-Mac zum semiprofessionellen Computer.

Apple kann oder will also nicht mehr mit dem Preis locken. Was bleibt, nennt sich Front Row und ist seit den iMacs der Herbst-2005-Generation bekannt. Ein simpel zu bedienendes Multimedia-Produkt, bestehend aus Software und Fernbedienung, mit dem sich bequem Filme, Fotos und Musik steuern lassen. Mit dem neuen Mac mini jedoch derart ausgereift, dass er seine Multimedia-Daten von einem zentralen Server beziehen und über einen angeschlossenen Fernseher ausgeben kann.

Der Traum von kleinen Apple-Computer, der nun anstelle eines hässlichen DVD-Players das nahe Umfeld eines jeden Fernsehers schmückt, scheint wahr zu werden.

Doch warum diese Inkonsequenz auf der Schlussgeraden? Dass ein Fernseh-Decoder oder gar DVBT-Receiver nicht zur Grundausstattung gehören kann, liegt aufgrund weltweit verschiedener Fernsehnormen auf der Hand. Aber wieso muss ein TV-Anschluss über einen separaten Adapter herbeigeführt werden? Warum muss man für einen Mac mini mit DVD-Brenner und Tastatur nun doch rund 1000 Euro ausgeben? Und wieso wird der ohnehin knapp bemessene Arbeitsspeicher durch die Grafikkarte geschwächt?

Derzeit hinterlässt Apples Neuling noch gemischte Gefühle. Mag sein, dass die bevorstehenden Tests uns vom Hocker reißen werden. Es ist auch nicht unrealistisch, dass Steve Jobs aller Kritik zum Trotz mal wieder richtig gepokert hat und einmal mehr für Verkaufsrekorde sorgen kann. Ich bin gespannt!

Ihr Kassian Alexander Goukassian

Herausgeber

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