Porträt: Martin Eyerer

Handwerk und Kreativität

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Beat / Welches sind für dich – ganz allgemein – Qualitätskriterien für eine gute Produktion?

Martin / Das ist immer eine Mischung aus gutem „Ingenieurshandwerk“ und Kreativität. Das eine funktioniert ohne das andere nicht. Es gibt klasse produzierte Stücke, denen das gewisse Etwas fehlt, und ebenso Songs mit guten Ideen, die einfach zu schlecht klingen, um erfolgreich zu sein – dafür ist der allgemeine Anspruch inzwischen einfach zu hoch. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel und es kommt auch auf das Genre an. Wenn wir beispielsweise über funktionale DJ-Tools sprechen, liegt der Hauptfokus ganz klar auf einer fetten Produktion. Ich werde oft von Nachwuchsproduzenten gefragt, welche Tipps ich ihnen für die Zukunft geben kann. Meine Antwort lautet immer: Lerne erstmal die Basics. Sprich: wie funktioniert ein Kompressor, was ist „Side Chaining“ und so weiter. Nur wer die grundlegenden Skills beherrscht, kann auch irgendwann ein Meister werden.

Beat / Das schon angesprochene „The Second Day“ ist ein gutes Beispiel für eine solche Meisterschaft: Eine wirklich organische Produktion, bei der Jazz nicht platt imitiert, sondern aus einer neuen Perspektive interpretiert wird …

Martin / Ich saß mit Phil Barnes im Studio, um Aufnahmen für unsere Band zu machen. Als wir damit fertig waren, hatten wir noch etwas Zeit und ich schlug vor, etwas für mein neues Album zu schreiben. Ich hatte nur eine Grundidee, nämlich einen Song über den „nächsten Tag“ zu machen. Ich gab Phil ein paar Schlagworte und er setzte sich hin, um einen Text zu schreiben, während ich mal ganz locker ein paar Harmonien und Beats schraubte. Das ging dann alles relativ schnell, und wir fingen an, ihn aufzunehmen. Phil ist übrigens ein exzellenter Sänger und daher brauchten wir auch nur ein paar Takes, an denen ich ganz wenig geschnitten habe. Den Song habe ich dann später ausproduziert, doch mir fehlte noch ein tragendes Element. Dabei kam ich auf die Idee mit dem Vibraphon. Mein alter Partner Oliver Laib ist ja Jazzpianist, und der hat mir dann diesen genialen Vibrapohon-Part eingespielt, den ich dann noch etwas bearbeitet habe.

Beat / „Jazzy Things“ beginnt mit einem Malcolm-X-Zitat und gibt dem Stück damit einen ganz neuen Bedeutungsrahmen. Wie wichtig ist es dir, auf subtile Art und Weise in einer oft als unpolitisch verschrieenen Musik Botschaften zu verstecken?

Martin / Generell muss ich sagen, dass ich politisch zwar sehr interessiert bin und auch viel lese und diskutiere, das andererseits aber aus der Musik heraus halte. Das liegt natürlich auch daran, dass es in dem Genre, in dem ich mich bewege, nicht so viel Text und Gesang gibt und sich diese Frage gar nicht oft stellt, was sich in Zukunft aber ändern kann. Bei „Jazzy Things“ war es aber schon so, dass ich dieses Zitat von Malcolm X, wenn man mal davon absieht, dass es sich eigentlich auf die Schwarzen bezieht, mehr als passend für unsere Zeit empfand und es daher auch benutzte.

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