Das Heimatland Nokias im Porträt

Das Mac-Life-Länderporträt: Findiges Finnland

Finnland, das Land der tausend Seen ist auch das Land, in dem Smart Living gelebt wird. Neben dem Weihnachtsmann sind auch die Angry Birds in dem skandinavischen Land zu Hause. Top-Spiele-Entwickler und Internet-Start-ups zieht es in das nördlichste „Silicon Valley“.

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Technik wird in dem kleinen Land großgeschrieben. Wobei Finnland gar nicht so klein ist, immerhin ist es flächenmäßig das fünftgrößte Land in der EU. Es ist wahrscheinlich auch das grünste Land Europas, denn rund 69 Prozent Finnlands sind mit Wald bedeckt. Allerdings ist das Land im hohen Norden recht dünn besiedelt. Nur 18 Menschen leben auf einem Quadratkilometer, in Deutschland sind es 226,6. Die meisten Finnen leben in der Metropolregion um Helsinki herum im Süden des Landes. Rund 1,13 Millionen der 5,4 Millionen Einwohner haben sich in und um die Design-Hauptstadt von 2012 niedergelassen.

Doch dem einstigen Primus in der Europäischen Union geht es schlecht. Eine hohe Arbeitslosigkeit und ein niedriges wirtschaftliches Wachstum machen den Finnen zu schaffen. Der Niedergang Nokias, die Weltwirtschaftskrise 2008, weniger Handel mit Russland und die Schließung vieler Papierfabriken sorgten für eine Abwertung Finnlands durch die Top-Rating-Agenturen. Sogar von einem „Fixit“, einem Ausstieg aus der Europäischen Währungsunion, ist die Rede. 1994 entschieden sich die Finnen in einer Volksabstimmung für eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union (Beitritt 1995 zusammen mit Österreich und Schweden) und auch den Euro führten die stolzen Europäer 2002 als neue Währung ein. Dabei zahlt man in Finnland am liebsten bargeldlos mit EC- und Kreditkarte, selbst Kleinstbeträge werden in Finnland mit Karte gezahlt. 1997 gab es die ersten Verkaufsautomaten, an denen man mit einem Anruf bezahlen konnte. Mobiles Bezahlen ist in Finnland inzwischen gang und gäbe. Das liegt sicherlich auch an der Verbreitung von Smartphones. DNA Täpäkkä, Elisa Lompakko, MobilePay und SEQR sind die beliebtesten Dienste. Apple Pay sucht man hingegen vergebens.

Land der Technik

Laut einer Umfrage von Buzzador (April 2016) besitzen rund 94 Prozent der Finnen ein Smartphone. Von den 16 bis 24-jährigen waren es sogar 99 Prozent. Während andere Länder den WLAN-Ausbau forcieren, ist in Finnland das mobile Netz beliebter. Dazu trägt sicherlich auch bei, dass die meisten Smartphone-Nutzer in Finnland das schnellere 4G-Netz gegenüber langsameren, öffentlichen Funknetzwerken bevorzugen. Angst um höhere Kosten müssen sie dabei kaum haben, sind doch unlimitierte Datentarife in Finnland eher die Regel, als die Ausnahme. Auch bei der Internet-Nutzung liegt Finnland in Europa vorne. Mindestens neun von zehn aller 16- bis 74-Jährigen surften 2015 regelmäßig im Internet. Das verwundert kaum, so haben finnische Bürger bereits seit 2010 ein festgeschriebenes Grundrecht auf einen Breitbandzugang zum Internet. Waren es damals noch 1 Mbit/s, erneuerte die finnische Regulierungsbehörde für Telekommunikation die allgemeingültigen Bedingungen von Telefon- und Breitband-Diensten dieses Jahr. Nun hat jeder in Finnland das Recht auf eine Internetverbindung mit mindestens 2 Mbit/s.

Der Espoo Innovation Garden nahe der Hauptstadt Helsiki gilt als das finnische Silicon Valley.
Der Espoo Innovation Garden nahe der Hauptstadt Helsiki gilt als das finnische Silicon Valley. (Bild: City of Espoo/Heidi-Hanna Karhu)

Start-up-Event

Ende November war es wieder soweit: Europas größtes Start-up-Festival fand in Helsinki statt. Slush ist ein zweitägiges, internationales Event für Start-ups und Investoren, das bereits zum achten Mal stattfand. Im vergangenen Jahr nahmen rund 15.000 Interessierte teil, davon 1.700 Start-ups und rund 800 Investoren. Besonders die Region um Helsinki gilt als das Start-up-Biotop in Europa. Ein Beispiel für ein erfolgreiches Start-up ist Supercell, das eines der profitabelsten Spiele für den App Store entwickelt hat. Neben „Clash of Clans“ und „Clash Royale“ zählen auch „Hay Day“ und „Boom Beach“ zu den Erfolgen der Spiele-Entwickler. 2015 machte Supercell einen Umsatz von über zwei Milliarden US-Dollar. Dabei wird das Geld nur durch Zusatzkäufe in den kostenlosen, mobilen Spielen erwirtschaftet.

Auch „Angry Birds“, das erfolgreiche Mobile-Game, ist ein Produkt aus Finnland. Jeden Tag spielen Millionen von Menschen begeistert die Spiele mit den wütenden Vögeln. Neben diversen Spielen gibt es auf der ganzen Welt Angry-Birds-Themenparks, Kuscheltiere und auch auf die große Kinoleinwand haben es die putzigen Vögel schon geschafft. Rovio Entertainment, die Firma hinter „Angry Birds“, rettete sich durch den Erfolg vor dem Bankrott. Seitdem ist Finnland Standort für eine der aktivsten und am stärksten wachsenden Unterhaltungsspiele-Industrien der Welt. Eine weitere Erfolgsgeschichte ist Remedy, das Spiele wie „Max Payne“ und „Alan Wake“ entwickelt hat. 80 Prozent der Spiele-Entwickler konzentrieren sich allerdings auf mobile Plattformen.

Das finnische Silicon Valley

Der finnische Espoo Innovation Garden in Espoo, der zweitgrößten Stadt Finnlands und Teil der Metropolregion Helsinki, gilt als das finnische „Silicon Valley“. Nokia, Spiele-Entwickler Rovio und Aufzughersteller Kone haben ihren Hauptsitz in Espoo. Mit über vier Quadratkilometern Fläche ist der Espoo Innovation Garden das größte Innovations-Hub in Skandinavien. Mit 5.000 Forschern, 16.000 Studenten und rund 25 Forschungs- und Entwicklungszentren gilt der Espoo Innovation Garden als Verbindung zwischen Wissenschaft und Unternehmen.

Nokia

2014 machte gar der damalige, finnische Ministerpräsidenten Alexander Stubb Apple für den Niedergang Nokias und der Papierindustrie (nicht ganz ernst gemeint) verantwortlich. So sagte er in einem Interview mit dem Fernsehsender CNBC, dass das iPhone paradoxerweise Nokia gekilled hätte und das iPad die Papierindustrie. Allerdings kündigte Stubb auch noch gleich das Comeback der Finnen an.

Es gibt kaum ein Unternehmen, das so sehr mit seinem Heimatland verknüpft wird wie Nokia. Und so lange ist es noch nicht her, dass das finnische Unternehmen Marktführer im Telekommunikationsbereich war. Von 1998 bis 2011 verkaufte Nokia noch die meisten Mobiltelefone weltweit. Fünf Jahre später, in einer Welt von Samsung, HTC, Huawei und natürlich Apple, fällt es einem schwer, sich noch an das Nokia Lumia mit einem Windows-Betriebssystem zu erinnern. Im April 2014 verkaufte Nokia die gesamte Mobiltelefonsparte an Microsoft. Doch auch dies war bekanntlich nicht von Erfolg gekrönt und so folgten Massenentlassungen und Fabrikschließungen in Finnland und Asien. Im vergangenen Jahr löste Microsoft dann die Mobilfunksparte ganz auf. Doch Nokia übernahm 2016 Konkurrent Alcatel-Lucent und ist nun in 140 Ländern vertreten und konzentriert sich auf das Geschäft als Ausrüster von Telekom-Netzwerken. Damit erreicht Nokia einen Marktanteil von 35 Prozent und wird auf dem Weltmarkt nur von Ericsson (rund 40 Prozent Marktanteil) überholt.

Smart Living

Smarte Mülltonnen klingen noch wie ein Produkt der Zukunft. Doch die finnische Firma Enevo stattet seit 2010 Mülleimer mit drahtlosen Sensoren aus. Ziel der smarten Müllcontainer ist es, die Müllabfuhr zu optimieren. Durch die intelligente Rückmeldung können die Müll-Fahrzeuge besser ihre Routen planen. Bereits in 25 Ländern können Kommunen die Sensoren von Enevo mieten. Auch Räumfahrzeuge werden in Finnland probeweise mit Sendern ausgestattet. So kann jeder auf seinem Smartphone nachschauen, ob der Weg zur Arbeit schon geräumt wurde.

Finnland: Zahlen & Fakten

Ländername: Republik Finnland/Suomen Tasavalta (Finnisch)/Republiken Finland (Schwedisch)
Fläche: 338.435 Quadratkilometer
Einwohner: 5.487.308
Hauptstadt: Helsinki (633.523 Einwohner, Hauptstadtregion: 1.133.317 Einwohner)
Amtssprachen: Finnisch, Schwedisch
Beitritt zur EU: 1995

In Helsinki wird ein ganzer Stadtteil smart gebaut. Fiksu Kalasatama wird zwar erst 2030 fertig gestellt sein, doch bereits jetzt leben und arbeiten dort rund 3.000 Menschen. Smart Kalasatama ist ein Projekt, das zusammen mit den Bürgern, der Stadt, finnischen Unternehmen und anderen Interessenvertretern initiiert wurde. 20.000 Bürger sollen einmal in dem smarten Stadtteil leben. Besonders smart ist es, dass die Verwaltung all ihre Daten öffentlich zugänglich macht. Effektiveres Planen ist das Ziel für die Stadtentwickler – und auch Unternehmen können kostenlos auf Open Data zugreifen. Dies hilft dabei, auf Open Data basierende digitale Dienstleistungen wie zum Beispiel eine Fahrplan-App, die die günstigste Verbindung im Öffentlichen Nahverkehr heraussucht, entwickeln zu können.

Was für uns noch wie Science Fiction klingt, ist in Finnland bereits Realität. Zero-Energy-Gebäude, effektive Nachhaltigkeit, smarte Architektur und Nahverkehr, das alles wird in Finnland bereits gelebt.

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