Porträt: Martin Eyerer

Einheit und Vielseitigkeit

Beat / Welches waren deine Beweggründe, das Album von Anfang an als ein Doppelwerk mit Originalen und Remixen anzulegen?

Martin / Ganz zu Beginn war das so eigentlich gar nicht vorgesehen. Mir wurde aber irgendwann bewusst, dass ich, wenn ich eben diese Vocal-Features integriere, einen Spagat schaffen muss, bei dem ich mich zum einen, wie eben beschrieben, nicht zu weit von Martin Eyerer entferne, aber andererseits ein Album schaffe, das man auch nur anhören kann und das hoffentlich auch eine längere Halbwertzeit als reine DJ-Scheiben hat. Dabei kam ich auf die Idee, die Remixe, die man dann später, wenn das Album bereits veröffentlicht ist, sowieso in Auftrag gibt, schon im Vorfeld anfertigen zu lassen. Dann habe ich noch mehr Einfluss auf das Gesamtpaket und kann beide Zielgruppen damit abdecken. Und am Ende ist auch das Gesamtpaket viel besser.

Beat / Das Ergebnis ist also für dich eine Einheit, bei der alles zusammengehört?

Martin / Ja, absolut. Man kann es so sehen: Die CD2 ist die Club-Seite des Albums, CD1 sozusagen die Wohnzimmer-Seite. Man muss die ja auch gar nicht beide immer hintereinander hören. Insgesamt bin ich jetzt nach dem ganzen Stress und der wirklich vielen Arbeit – CD2 hat fast ebenso viel Zeit und Mühe gekostet wie CD1, da ich mit den ganzen Leuten ja ständig kommuniziert habe und alles organisieren musste – sehr zufrieden und auch etwas stolz.

Beat / Die Remixe sind in der Tat besonders gelungen. Gibt dir das wieder frische Impulse für neue Kompositionen? Ich denke da beispielsweise an den Stephan-Hinz-Remix von „The Second Day“, in dem eine Opernstimme vorkommt …

Martin / Ja, das hat auch damit zu tun, dass ich diesmal nicht klassisch vorgegangen bin, wie man es leider oft tut, wenn es um das Thema Remixe geht: Man schaut doch hauptsächlich darauf, was gerade besonders angesagt ist und sich gut verkauft. Bei „Tiny Little Widgets“ habe ich von Anfang an Leute gefragt, die mit mir befreundet sind oder die ich als Produzenten sehr schätze. Denen habe ich dann das Album gegeben, und sie sollten sich jeder einen Favoriten aussuchen. Das Interessante dabei ist, dass sich fast alle für unterschiedliche Stücke entschieden haben, was mich übrigens auch darin bestätigt hat, dass die Mischung so falsch nicht sein kann. Der Umstand, dass ich die alle auch gut kenne, tat der Sache auch deswegen gut, weil man Entwürfe hin und her schicken und noch eine gemeinsame Richtung finden konnte. Ein gutes Beispiel dafür ist der angesprochene Remix von Stephan. Natürlich ist der Mix von ihm genial und die Idee mit dem Opernsänger auch. Nur das ist eben Stephan Hinz und nicht Martin Eyerer. Ich glaube, ich könnte so eine Opernstimme gar nicht cool in dem Kontext umsetzen wie Stephan, der sich in den letzten Jahren mehr auf Komposition und Filmmusik spezialisiert hat.

Beat / Remixe sind für dich auch eine Art direkte Kommunikation mit anderen Künstlern, oder?

Martin / Ja absolut. Ich brauche auch für jeden Remix relativ viel Zeit. Ich schraube eben nicht mal schnell in ein paar Stunden was zusammen, sondern das dauert fast immer vier bis fünf Tage. In den letzten Jahren habe ich auch ganz strikt die Strategie verfolgt, nichts rauszugeben, mit dem ich nicht selbst zu hundert Prozent zufrieden bin. Das habe ich leider in früheren Jahren nicht ganz so eng gesehen und auch mal etwas Mittelmäßiges abgegeben. Besonders schwer ist es, wenn man nicht so tolle Remix-Parts bekommt und eigentlich quasi einen neuen Track basteln muss. Trotzdem sollte vom Original aber noch etwas drin sein. Es kommt auch mal vor, dass ich einen angenommenen Remix-Auftrag wieder absage, weil ich merke, dass mir nichts gelingt, was ich so abgeben möchte.

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