Performance-Keyboard

Test: E-MU LONGboard/SHORTboard

„Mädchen-Keyboard“ sagt mein Kollege, als er im Studio das LONGboard sieht. Nicht abwegig: schlankes Gehäuse, eleganter Schnitt. Aber kann es mit mehr als nur hübscher Optik punkten?

Von   Uhr

Beginnen wir mit dem Wesen eines jeden Keyboards, der Klaviatur: Beim LONGboard reihen sich 61 semigewichtete Tasten aneinander, das kleinere Modell, SHORTboard, bringt serienmäßig nur vier Oktaven, also 49 Tasten inklusive Anschlagdynamik und Aftertouch mit. Der erste Spieleindruck bleibt etwas hinter den Erwartungen zurück. Anders als vermutet, reagiert das Keyboard eher schwerfällig auf zarte Anschläge. Ein Blick ins Handbuch offenbart acht wählbare Velocity-Kurven, mit denen man Anschlagstärke und gewünschtes Spielgefühl „annähern“ kann. Hier bedarf es etwas Fingerspitzengefühl, die individuell passende Kombination zu finden.

Schmuckvoll …

Doch zurück zum äußeren Erscheinungsbild: Insgesamt wirkt die Oberflächengestaltung ungewöhnlich zurückhaltend. Ein Drittel der Bedienoberfläche ist durch sieben Drehregler, einen Fader und je ein Pitch- und Modulationsrad belegt. Ein weiteres Drittel nimmt das praktische Programmwahlfeld ein, das von insgesamt zwölf Drucktastern eingerahmt wird. Mithilfe einer Bedienmatrix lässt sich sehr schnell durch den üppigen Vorrat an Sounds navigieren. Das letzte Drittel ist leer und bietet sich zum Platzieren sinnvoller Erweiterungen in Form aktueller Desktopsynthesizer wie Virus Snow, Waldorf Blofeld oder DSI Mopho an.

Auffallend sind die matt durchsichtigen, in das Gehäuse versenkten runden Drucktaster. Schmuckvoll leuchten sie in eingeschaltetem Zustand rot auf und setzen optische Farbakzente auf der cremeweißen Oberfläche. Leider lassen sich Stereo-Hauptausgang und beide Kopfhörerausgänge nur gemeinsam mittels Pegelpoti regeln. Für den Einsatz im Heimstudio zeigt sich das Board durch USB-Buchse, MIDI-Duo, Stereoausgang sowie Anschluss für Pedal- und Fußtaster aber bestens gerüstet.

… und unkompliziert!

Wenden wir uns den inneren Werten zu, der Soundengine. Beide Boards basieren auf E-MUs 8030-Soundplattform, einem Wavetablechip, der bis zu 128 Stimmen erzeugen kann. Dazu schöpft das Keyboard aus dem reichhaltigen Klangvorrat einer 64-MB-Soundbank, bestehend aus 192 Presets und 128 General-MIDI-kompatiblen Programmen. Angefangen bei klassischen Tasteninstrumenten wie Flügel, Klavier, E-Pianos, Hammondorgel und Clavinet geht die Auswahl weiter zu Synth-Klassikern, darunter illustre Namen wie Solina, Moog, Oberheim, Sequential oder Roland. Qualitativ geht die Soundauswahl in Ordnung und deckt eine Vielzahl moderner Stilrichtungen ab, reicht aber selten über ein durchschnittliches Niveau hinaus. Einen zuverlässigen Eindruck vom breiten Spektrum der gebotenen Klänge vermitteln über sechzig Sounddemos auf der Webseite des Herstellers. Per Knopfdruck kann die Tastatur geteilt und mit zwei unterschiedlichen Klangprogrammen belegt werden. Mithilfe des Layer-Modus lassen sich auch zwei ausgewählte Sounds gleichzeitig auf der gesamten Tastatur spielen, was den Sound deutlich fetter macht. Leider speicher das Gerät weder Splitpunkt noch Layer in den Presets, sondern löscht diese Einstellungen nach Ausschalten des Keyboards.

Nach Lust und Laune

Auch die Klangschrauber wurden beim LONGboard bedacht. Ihnen stehen vier Drehregler für Echtzeiteingriffe zur Verfügung. Zum einen lassen sich Grenz- und Resonanzfrequenz des Tiefpassfilters getrennt beeinflussen. Zum anderen kann man auch die Filterhüllkurve verändern. Mit einem weiteren Reglerpaar lässt sich ein Klangprogramm global durch die Summeneffekte Chorus oder Reverb bereichern. Im Gegensatz zu Split und Layer können die Effektzugaben auf dem aktuellen Programmplatz abgespeichert werden. Weitere Leistungsmerkmale sind der integrierte, drahtlose Audiosender, der mit dem E-MU-eigenen, drahtlosen Übertragungssystem PIPEline kompatibel ist und bei Verbindung auf der Bühne oder zuhause einen Bewegungsfreiraum von bis zu 15 Metern erlaubt.

Fazit

Klanglich bieten LONG- und SHORTboard die gesamte Palette beliebter GM-Sounds, darunter natürlich unverzichtbare Klassiker wie Pianos, Streicher, Bläser, Drums und Effektklänge. Klar, dass die Soundauswahl und ihre klangliche Umsetzung Geschmacksache sind. Die Tastatur ist solide, bewegt sich aber auf Einsteigerniveau. Gut gelungen sind hingegen die Möglichkeiten der Echtzeitsteuerung, auch wenn diese auf wenige feste Parameter beschränkt bleiben, und die kleine Effektsektion, die der Summe mit einem Dreh zu mehr Fülle verhilft. USB-Anschluss, MIDI-Duo und Pedalbuchsen runden das Paket ab und bieten eine Grundausstattung für den Start ins eigene Computerstudio. LONG- und SHORTboard werden ganz sicher ihre Liebhaber finden, die gerne auf GM-Presets zurückgreifen und eine nicht nur elegante, sondern auch technisch solide Begleitung suchen.

Testergebnis
ProduktnameLONGboard/ SHORTboard
HerstellerE-MU
Vertrieb: b4-distribution.come
Preis399 bzw. 499 Euro
Webseiteemu.com
Pro
  • solides Einsteigerkeyboard
  • große Soundauswahl
  • integriertes USB- und MIDI-Interface
  • PIPEline-Audiosender
Contra
  • durchschnittliche Tastatur
  • geringe Editiermöglichkeiten
  • wenige Echtzeitcontroller
Bewertung
2,3gut

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