Vollanaloger Synthesizer

Test: Oberheim SEM

Ohne es recht zu wissen, hat Tom Oberheim mit dem Ur-SEM bereits 1974 den wohl ersten Desktopsynthesizer der Welt erfunden. Über dreißig Jahre später legt er nun ein Update nach.

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Der Name Tom Oberheim steht seit jeher für legendäre Synthesizer: 8-Voice, Xpander oder die Matrix-Serie, um nur wenige zu nennen, haben den Sound vieler Künstler nachhaltig geprägt. Analoge Instrumente, fett im Klang und grundsolide, das ist die Domäne dieses Herren. Im fortgeschrittenen Alter von 72 Jahren schickt er sich nun erneut an, seinem Ruf Ehre und seinen Kunden warmen, analogen Sound zu bescheren.

Schön & schlicht

Der SEM war Oberheims erster offizieller Synthesizer. Die Abkürzung SEM steht hierbei für Synthesizer Expander Module. Geplant als Zweitsynth zur Ergänzung bereits vorhandener Geräte, begann 1974 die Reise, die über Two-Voice-, Four-Voice- und Eight-Voice-Synthesizer führte. Der aktuelle SEM ist eine Neuauflage des Urgesteins, jedoch um einige Features erweitert und technisch auf der Höhe der Zeit.

Natürlich wäre der SEM nicht authentisch, wäre nicht auch der kühle Oberheim-Look vergangener Tage wieder mit von der Partie. Ein graues Metallgehäuse und schwarze, wertig anmutende Bedienelemente vermitteln bereits beim ersten Blick die Anmutung von Präzisionstechnik nach alter Schule. Das kompakte Design dürfte sich auch im Livebereich bewähren, denn vorstehende oder bruchgefährliche Komponenten gibt es nicht. Intern setzt sich dieser Eindruck fort. So sind sämtliche Bauteile fest auf den vom Meister selbst in Handarbeit aufgebauten Platinen angebracht.

Aufbau

Der SEM besitzt zwei Oszillatoren, die sowohl Sägezahn- als auch Rechteckwellenform bieten. Letztere kann in der Pulsbreite eingestellt und moduliert werden. Gleiches gilt für die Tonhöhe, die außerdem per Frequenz- und Fine-Tune-Regler steuerbar ist. Eine Synchronisation der Oszillatoren ist mittels Hard-Sync möglich.

Getreu dem Vorbild besitzt der SEM ein Filter mit 12 dB Flankensteilheit, der von Tiefpass- über Notch- bis Hochpass-Charakteristik überblendet werden kann. Zusätzlich lässt sich mit einem Klick ein Bandpass anwählen. Neben Frequenz- und Resonanzregler finden sich in der Filtersektion auch ein Schalter für die Wahl der Modulationsquelle sowie eine kleine Mixersektion, mit der die Oszillatoren sowie zwei externe Eingänge zueinander eingepegelt werden können. Eine Verstärkersektion, die wahlweise per Hüllkurve oder Gate-Funktion moduliert wird, rundet die Klangerzeugung ab.

Für Bewegung im Klang sorgen zwei Hüllkurven, die jeweils die Parameter Attack, Decay und Sustain bieten. Der Decayregler ist zusätzlich für die Releasezeit zuständig, sodass bei längerem Decay auch die Releasezeit automatisch verlängert wird. Ein einfach gehaltener LFO mit Sinuswelle ist ebenfalls an Bord.

Die wohl wichtigste Neuerung gegenüber dem Ur-SEM ist die Integration in die digitale Studioumgebung. Zeitgemäß mit weitreichenden MIDI-Funktionen inklusive MIDI-to-CV-Interface ausgestattet oder als semimodulare CV-Patchpanel-Version ausgelegt, sind zwei Varianten erhältlich. Hier bleibt es dem Musiker überlassen, ob er der Anbindung an die digitale Welt oder an analoges Equipment den Vorzug gibt.

Sound

Die Oszillatoren des SEM hinterlassen schon beim ersten Anspielen einen bleibenden Eindruck: präzise, fett und für analoge Technik nach kurzer Aufwärmphase sehr stimmstabil. Von reiner Stimmung über leichte Schwebungen bis hin zur totalen Verstimmung ist hier mit ein paar Handgriffen Vieles möglich. Diese Vielseitigkeit setzt sich auch beim Filter fort. Sanfte Filtersweeps durch die verschiedenen Filterarten bringen eine Lebendigkeit in den Sound, die wir bei digitalen Boliden oft vermissen. Im Gegensatz zu vielen anderen 12-dB-Filtern geht die geringe Flankensteilheit nicht zulasten der Präzision, sodass Klänge sehr weich nachgezeichnet werden können. Wem das alles nicht hart genug ist, der sei auf den LFO verwiesen, der bei Tonhöhe, Filter und Resonanz für Wirbel sorgen kann.

Die Hüllkurven schließlich runden das Bild des SEM ab. Von perkussivem Material über alle Arten von Lead- und Basssounds bis hin zu sich weit erstreckenden Flächen bietet Oberheims Neuer ein großes Spektrum analoger Klänge. Einziger Wermutstropfen: die erwähnte Kombination aus Decay- und Releasezeit.

Fazit

Der SEM kann sowohl Einsteigern als auch versierten Musikern ans Herz gelegt werden. Auch nach 35 Jahren hat der kleine Oberheim nichts an Charme eingebüßt und ist nach wie vor eine solide Klangquelle für eine breite Auswahl an Sounds. Fett und schmeichelnd, eine Kombination, die heute nur noch selten anzutreffen ist. Einfach großartig!

Testergebnis
ProduktnameSEM
HerstellerTom Oberheim
Vertrieb: schneidersbuero.de
Preis850 €
Webseitetomoberheim.com
Pro
  • kompakter, wertiger Aufbau
  • sehr präzise Oszillatoren
  • Multimodefilter …
  • … mit sanftem, definierten Sound
  • MIDI- oder CV-Version
Contra
  • Decay-Release-Kombination
Bewertung
1,5sehr gut

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