Clubreport: Fusion

Keine Vorbilder

Bis heute hat das Fusion seine einzigartige Ausstrahlung zwischen geradezu klassisch-kühlem Technodesign und eigenwilliger Gemütlichkeit beibehalten. Manche Besucher mögen sich angesichts der spartanisch-nackten Wände, der klaren Linien und Neonlicht-Ästhetik an legendäre Locations wie das inzwischen längst geschlossene Omen erinnert fühlen, doch gab es laut Thomas Pieper keinerlei Vorbilder bei der Einrichtung. Damit reflektiert der Club kongenial die Tatsache, dass die beiden Inhaber seit der programmatischen Gestaltung allein auf ihr Gefühl vertrauen und dabei dennoch eine ganz genaue Vorstellung davon haben, wofür der Laden steht: „Wir können dort eben alles spielen, was wir den Besuchern des Heaven nicht zumuten würden. Als Mr. Oizo hier war, spielte er beispielsweise ein derart wirres Soundgemisch, dass es sogar mir fast zu viel wurde. Allerdings wissen wir auch, was wir können und was nicht. Niemand käme bei uns auf die Idee, eine neue Laseranlage für 100.000 Euro zu installieren, und genauso wenig würde ich hingehen und Tiësto buchen“, so Pieper. Nebenbei finden im Fusion regelmäßig auch Feiern von Fremdveranstaltern statt, bei denen schon mal Rock gespielt oder der stilistische Rahmen zumindest bedeutend erweitert wird.

Aufgrund dieses kompromisslosen Kurses hat das Fusion allerdings niemals einen großen Gewinn abgeworfen. Zwar zeigen sich die meisten Gäste restlos begeistert, sobald sie einmal die Schwelle überschritten haben, doch erweist es sich immer wieder als schwierig, den Grundbestand an treuen Fans dauerhaft aufzustocken. So ist man, was die Besucherzahlen angeht, ein wenig darauf angewiesen, sich über große DJ-Namen und Spezial-Events zu profilieren Das bedeutend erfolgreichere Heaven dient dabei als eine Art indirekte Absicherung des Fusion-Konzepts. Schon lange denkt Pieper über eine überregionale Imagekampagne nach, mit der der Club ähnlich wie der Berliner Tresor zu einer eigenen Marke werden soll. Gleichzeitig gibt es auch Angebote eines kompetenten lokalen Konkurrenten, der gern viel Geld in die Hand nehmen würde, um aus der Location „mehr“ zu machen. Doch kann sich Pieper nicht so einfach von dem Club trennen, der ihn mit seiner Vergangenheit verbindet und bei dem er sich noch immer so austoben kann wie bei keinem anderen seiner Objekte: „Es ist ein Luxus, den wir uns gönnen. Kein Mensch könnte vom Fusion leben, aber er ruiniert uns auch nicht. Es ist einfach unser Baby“, erläutert er. Dabei tröstet es ihn manchmal, das er mit seinen gelegentlichen Schwierigkeiten nicht allein dasteht: „Selbst die berühmtesten Clubs haben ihre Probleme. Es reicht nicht, einfach nur einen Laden mit elektronischer Musik zu führen. Du musst schon eine Idee haben. Worum es immer noch geht, ist das Besonderes, mit dem man sich abhebt.“ Genauso wie die Schrift auf einem Plakat.

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